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Banken unter den Rettungsschirm. Als erste Bank wird die belgisch-französische Dexia verstaatlicht. Anderen Instituten droht nach einem neuen Stresstest dasselbe. Foto: dpa

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Wirtschaft: Neuer Stresstest für die Banken

Die Europäische Finanzaufsicht prüft, wie viel neues Kapital Europas Geldinstitute benötigen

Berlin/Frankfurt am Main – Griechenland bekommt zwar vorerst noch einmal Kredit. Die Angst vor einer Staatspleite und ihren Folgen für die Finanzbranche aber bleibt. Die europäische Bankenaufsicht EBA will einen neuen Stresstest durchführen, um zu prüfen, wie viel Extra-Kapital die Institute für den Ernstfall brauchen. Insidern zufolge herrscht in den Vorstandsetagen der deutschen Banken deswegen große Unruhe. „Kaum einer rechnet damit, dass er da gut durchkommt“, sagte ein Spitzenbanker der Agentur Reuters.

Die Institute müssen den Aufsehern neue Daten zu ihrer Kapitalausstattung und ihrer Kreditvergabe in den Euro-Krisenländern liefern, sagte eine EBA-Sprecherin am Dienstag. Den letzten Test im Sommer hatten die meisten Institute bestanden. Diesmal dürften die Kriterien strenger ausfallen: „Diese Messlatte des Tests dürfte eine große Zahl von Banken in Europa und Deutschland reißen“, sagte ein Banker.

Bei dem Test müssen die Banken in einer Simulation eine schwere Krise überstehen, etwa den Ausfall der Staatsanleihen eines Landes. Ihr Eigenkapital, also das Geld, das im Notfall zur Haftung herangezogen werden kann, darf in keinem Fall unter eine bestimmte Quote sinken. Beim letzten Test waren es fünf Prozent. Viele Experten hatten dies als zu lasch kritisiert. In Aufsichtskreisen hieß es, dass nun eine harte Kernkapitalquote von sieben bis zehn Prozent als Untergrenze diskutiert werde. Wer die Marke nicht erreiche, werde aufgefordert, sich frisches Kapital zu besorgen – am Markt oder beim Staat. Nach Reuters-Berechnungen auf Basis der Daten des vergangenen Stresstests müssten 48 Banken etwa 100 Milliarden Euro zusätzliches Kapital aufnehmen.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso macht Tempo: Er werde bereits am Mittwoch einen Plan zur Rekapitalisierung vorstellen, sagte Barroso in Den Haag. Es ist allerdings fraglich, ob die Staaten die Banken wirklich zwingen können, neues Kapital aufzunehmen. „Es geht um eine Verstaatlichung und letztlich um eine Zwangsenteignung. Das ist keine einfache Angelegenheit“, sagt ein Experte in Frankfurt.

Seiner Ansicht werden die Banken zunächst Gelegenheit bekommen, sich freiwillig Kapital am Markt zu besorgen, etwa über eine Kapitalerhöhung, die Einbehaltung von Gewinnen oder die Kürzung der Vorstandsgehälter. Erst danach würde es zu einer Zwangskapitalisierung durch den Staat kommen. Ungeklärt ist auch noch, wo die hoch verschuldeten Länder das Geld für eine Verstaatlichung ihrer Banken hernehmen sollen. Bei vielen müsste der Euro-Rettungsfonds EFSF einspringen. Das könnte für Griechenland, Portugal und Irland zutreffen, möglicherweise auch für Spanien und Italien.

Die deutschen Banken hoffen, dass sie eine Zwangskapitalisierung vermeiden können. „Man kann hier nicht mit der Gießkanne arbeiten“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken, Michael Kemmer, im ARD-Morgenmagazin. Es könne Fälle geben, in denen eine Rekapitalisierung nicht zu vermeiden sei. „Aber die muss man sehr genau anschauen, jeden einzelnen Fall, und sehr genau überlegen, wo es Sinn macht, Kapital reinzugeben und wo es nicht notwendig ist.“

Unterdessen wächst das Misstrauen der Banken untereinander weiter. Am Dienstag stiegen die eintägigen Einlagen der Geschäftsbanken bei der Europäischen Zentralbank deutlich auf 269,2 Milliarden Euro. Normalerweise legen die Banken nicht so viel bei der Zentralbank an, da sie dort nur wenig Zinsen erhalten. Stattdessen leihen sie sich untereinander Geld. Zurzeit stockt dieses Geschäft, weil kein Institut weiß, wie viele Staatsanleihen das andere in seinen Büchern hat – und was die Papiere morgen wert sind.

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