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Asiatisch inspiriert. Mercedes präsentierte in Peking die Studie G-Code.

© REUTERS

Neues Designzentrum in Peking: Mercedes – made in China

Mitten in Peking entwirft und entwickelt Mercedes künftig neue Autos. Zur Eröffnung des neuen Designzentrums präsentierte der Autobauer die Studie G-Code. Der Rückstand zu Audi und BMW soll möglichst schnell schrumpfen.

Chinesen rauchen gerne im Auto. Fast jeder zweite dekoriert sein Fahrzeug mit persönlichen Gegenständen. Eine Halterung für Kaffeebecher und Taschentücher muss sein. Und gut riechen sollte es im Wagen, am besten nach edlen Hölzern. Solche Eigenarten und Eigentümlichkeiten der chinesischen Kundschaft sowie die enorme Bedeutung des Marktes für die Autoindustrie haben Mercedes veranlasst, in Peking ein neues Forschungs- und Designzentrum zu eröffnen. Der Aufbau solcher Zentren rund um den Globus – fünf gibt es inzwischen –, „versetzt uns in die Lage, lokale Vorlieben, Anforderungen und Entwicklungen sehr viel schneller in unsere Produkte zu integrieren“, sagte Daimler-Forschungsvorstand Thomas Weber am Montag bei der Eröffnung in Peking. 350 internationale Experten arbeiten im Zentrum der chinesischen Hauptstadt, 500 sollen es bis Ende 2015 werden. Mercedes hat 112 Millionen Euro in den Forschungs- und Entwicklungsstandort investiert, davon 13,5 Millionen Euro in das neue Zentrum.

Mercedes will sich mehr von China inspirieren lassen

Eine relativ kleine Summe, hinter der eine große Vision steckt. China wird als größter Automarkt der Welt immer wichtiger – und was den Kunden dort gefällt, was sich Ingenieure und Designer in Peking ausdenken, soll „für die Marke Mercedes insgesamt ein größeres Gewicht bekommen“, wie Hubertus Troska sagte. Der Manager verantwortet im Daimler-Vorstand das China-Geschäft. Schon heute stammen die Langversionen der C- und E-Klasse aus China, oder das Touchpad, das S-Klasse-Fahrern das Leben hinter dem Steuer erleichtern soll. Entertainment und Elektromobilität sind Trends, die aus China heraus die Mercedes-Welt antreiben könnten, glaubt der Vorstand. Nicht zuletzt, weil die Kunden um zehn bis 20 Jahre jünger sind als in Europa. Wie der Mercedes „made in China“ in Zukunft aussehen könnte, präsentierte Daimler-Designchef Gorden Wagener am Montag in Peking: die futuristische Studie G-Code, inspiriert „vom urbanen Lifestyle asiatischer Metropolen“. Auch einige wichtige Motorenteile, die auf dem riesigen Werksgelände bei Peking produziert werden, gehen in den Export nach Deutschland.

Audi und BMW fahren Mercedes voraus

Von China lernen – Mercedes tut es auch notgedrungen. Denn die Stuttgarter fahren den Wettbewerbern Audi und BMW noch weit hinterher. Bis Ende September setzte Mercedes knapp 195 000 Neuwagen ab, Audi schaffte mehr als 400 000, BMW kam auf mehr als 330 000. Jede Woche eröffnet Mercedes zwei neue Händlerstandorte, 441 sollen es Ende des Jahres insgesamt in China sein. Zu spät haben die Schwaben bemerkt, dass die Musik in China spielt. Umso lauter fällt nun der Auftritt aus. Bis Ende 2015 will die Marke mit dem Stern die Zahl von 300 000 verkauften Autos in China „signifikant übertreffen“, wie Troska sagte. Auch wenn die Wirtschaft dort langsamer wachsen sollte – der Automarkt brummt. 16,2 Millionen Neuwagen wurden im vergangenen Jahr zugelassen, in Deutschland waren es gerade einmal knapp drei Millionen. Auf 1000 Einwohner kommen 90 Autos, hierzulande sind es fast 600. Spielraum nach oben, Spielraum für Mercedes.

Blauer Himmel über Peking

„Wir verschließen nicht die Augen vor den Risiken“, sagte Hubertus Troska. Aber an das chinesische Wachstum glauben sie in Stuttgart ganz fest. Zweifel an der Stabilität der politischen Rahmenbedingungen? „Es gibt keinen Grund.“ Im Oktober hat Daimler mit dem chinesischen Partner BAIC eine Investition von einer Milliarde Euro vereinbart. Insgesamt vier Milliarden Euro sollen bis 2015 in das Gemeinschaftsunternehmen BBAC investiert werden. Keinen Kommentar gab es zu den Ermittlungen der chinesischen Kartellbehörden.

Den Zeitpunkt zur Eröffnung des Designzentrums in Peking hatte Mercedes gut gewählt. Der Himmel über dem sonst von Smog, Feinstaub und Dauerstau geplagten Peking strahlte wolkenlos blau. Kein Zufall. In China hilft im Zweifel die Regierung nach. Vor dem Apec-Treffen in der kommenden Woche verfügte sie, dass die dreckschleudernden Fabriken rund um Peking die Produktion zurückfahren mussten.

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