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Neues Internet-Gesetz: Klick gegen Nepp

Die "Button-Lösung": Ein neues Gesetz soll Kunden bald vor Internet-Abzockern schützen.

Verbraucher sollen in Zukunft besser vor Abofallen im Internet geschützt werden. Auf Initiative Deutschlands hat das Europäische Parlament am Donnerstag eine „Button-Lösung“ beschlossen. Danach müssen Unternehmer bei kostenpflichtigen Internetangeboten den Verbrauchern künftig die damit verbundenen Kosten anzeigen – und zwar unmittelbar vor der Bestellung. Erst wenn der Verbraucher diesen Hinweis bestätigt, kommt der Vertrag zustande. Fehlt die Preisangabe oder ist sie falsch, ist das Geschäft unwirksam und der Verbraucher muss nicht zahlen.

Die „Button-Lösung“ ist Teil der neuen Verbraucherrechte-Richtlinie, die in den Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2013 umgesetzt werden muss. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) drückt aber aufs Tempo. „Heute habe ich meinen Gesetzentwurf in die Schlussabstimmung gegeben“, sagte die Ministerin am Donnerstag in Berlin. Damit könnten die neuen Regeln bei uns noch in diesem Jahr wirksam werden.

Jeden Monat gehen bei den Verbraucherzentralen rund 22 000 Beschwerden über unseriöse Internetdienste ein, schätzt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Verbraucher landen beim Surfen auf Seiten, die angeblich gratis Kochrezepte, Lebenshilfe, Horoskope, Routenplaner, Hausaufgabenhilfe oder Downloads von Software versprechen. Dass die Dienste doch Geld kosten, erfahren Verbraucher oft erst dann, wenn sie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen lesen oder sich durch die Seiten klicken. Um so weit zu kommen, müssen sie sich jedoch registrieren. „Damit sind sie schon in die Falle getappt“, sagt Anneke Voß, Internetexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg.

Die Firmen behaupten, die Kunden hätten ein- oder zweijährige Abonnements geschlossen, und drohen mit Inkassodiensten. Obwohl die meisten Verträge wegen der versteckten Preisangaben unwirksam sind, zahlen viele der Betroffenen: „Die Leute haben Angst“, berichtet Voß. Und zahlen daher 96 Euro für Downloads von Programmen wie „Open Office“ oder „Adobe Reader“, die es woanders kostenlos gibt. Dabei scheuen die meisten Firmen in Wirklichkeit Auseinandersetzungen vor Gericht. „Meistens passiert nichts“, weiß die Verbraucherschützerin aus ihrer Beratungspraxis.

Die neue „Button-Lösung“ soll den unseriösen Geschäftsmodellen den Boden entziehen, hofft Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Auch ihre Kabinettskollegin, Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU), glaubt, dass mit der Neuregelung „Online-Abzockern“ das Handwerk gelegt wird. „Es ist gelungen, ein Dauerärgernis zu beseitigen, das Verbraucher nicht nur viel Geld, sondern auch viele Nerven gekostet hat“, sagte Aigner am Donnerstag.

Auch Verbraucherschützerin Voß hofft auf Besserung. „Wenn die Verbraucher klar lesen, was der Dienst kostet, nehmen sie vielleicht von der Bestellung Abstand“, meint sie. Doch wer das nicht tut, wird auch in Zukunft Probleme bekommen, fürchtet die Hamburgerin. „Die Firmen werden immer behaupten, dass sie ordnungsgemäß auf die Kosten hingewiesen haben“, prognostiziert die Verbraucherschützerin, „notfalls ändern sie ihre Internetseite kurzfristig.“ Um zu beweisen, dass die Preisangaben unvollständig, fehlerhaft oder gar nicht vorhanden waren, müsste der Kunde seine Bestellung ausdrucken oder – besser noch – Screenshots anfertigen. „Das macht aber kaum jemand“, weiß Voß.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat im Internet (www.vzhh.de) eine Liste von unseriösen Internetdiensten veröffentlicht. Mit Abmahnungen und Klagen versuchen der Bundesverband der Verbraucherzentralen und die Verbraucherzentralen der Länder, die Firmen zu belangen. Doch das ist schwer. Denn viele sitzen im Ausland. Zudem ist es für die Unternehmen ein Leichtes, Internetseiten nach einer Abmahnung umzubenennen oder abzuschalten und eine neue Seite zu eröffnen. Vor den Tricks der Anbieter warnt die vom Bundesverbraucherschutzministerium geförderte Internetseite „Vorsicht-im-Netz.de“.

Neben der „Button-Lösung“ enthält die neue europäische Richtlinie noch weitere Regelungen, mit denen Verbraucher vor unliebsamen Überraschungen geschützt werden sollen. So müssen Onlinehändler künftig alle anfallenden Kosten auflisten. Für Flugtickets gab es eine solche EU-Bestimmung bereits, jetzt wird sie auf alle anderen Waren und Dienstleistungen ausgedehnt. Auch mit der Anonymität im Netz soll Schluss sein. Alle europäischen Internet-Händler müssen künftig nicht nur eine Telefonnummer angeben, sondern auch ihren echten, geografischen Sitz. Verboten sind der neuen Richtlinie zufolge künftig auch exzessive Aufschläge für eine Zahlung per Kreditkarte oder überzogene Gebühren für die Nutzung von Telefonhotlines. Mitarbeit: Christopher Ziedler

Was sich im Versandhandel durch die neue Richtlinie ändern soll, lesen Sie am Montag auf der Verbraucherseite. Dort räumen wir auch mit den häufigsten Rechtsirrtümern rund um Kauf und Umtausch auf.

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