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Wirtschaft: Nicht unter zehn Prozent

Der Streit zwischen Bahn und Lokführern entscheidet sich diese Woche am Geld

Berlin - Der Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL entscheidet sich in dieser Woche an der Frage der Lohnerhöhung. Hier liegen der Konzern und die Organisation noch auseinander, erfuhr diese Zeitung am Sonntag aus Verhandlungskreisen. GDL-Funktionäre warnten die Bahn, von den Lokführern zu leistende Mehrarbeit in dem Tarifpaket zu berücksichtigen. „Das ist klare Beschlusslage bei uns, das geht nicht“, sagte ein Bezirkschef dem Tagesspiegel. Man erwarte weiterhin mindestens eine Steigerung im zweistelligen Prozentbereich.

Bis vor Weihnachten hatte die Bahn acht Prozent mehr Geld geboten. Zudem hatte der Staatskonzern zwei Stunden Mehrarbeit gegen Bezahlung in Aussicht gestellt, die GDL dagegen aber eine Verkürzung um eine Stunde verlangt.

Am Sonnabend hatten GDL-Chef Manfred Schell und Bahn-Personalvorstand Margret Suckale ihre Verhandlungen fortgesetzt, später auch unter Beteiligung von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Kommenden Dienstag soll es an einem geheim gehaltenen Ort weitergehen. Dann könne es „schon ein Ergebnis geben“, hatte GDL-Chef Schell gesagt. Er glaube nicht, dass es noch zu einem Scheitern komme.

Die GDL hatte gedroht, von Montag an den Fern-, Nah- und Güterverkehr bundesweit unbefristet zu bestreiken. Zwar hält sich Schell „alle Optionen offen“, doch rechnet er damit, dass der bereits seit zehn Monaten andauernde Konflikt bis zum 31. Januar endgültig gelöst ist. Den Montag wollen beide Seiten nutzen, um den Stand der Gespräche zu bewerten.

Seit dem 20. Dezember, als die GDL die Verhandlungen schon einmal für gescheitert erklärt hatte, sei „ein Stück weit Schwung in die Sache gekommen“, wie GDL-Vizechef Claus Weselsky dieser Zeitung sagte. Deshalb halte man auch an dem damals gesetzten Ultimatum nicht mehr fest, wonach bis zum 7. Januar ein deutlicher Fortschritt erkennbar sein müsse, um einen unbefristeten Arbeitskampf abzuwenden. Zu Details der Verhandlungen wollte sich Weselsky aber nicht äußern. Auch die Bahn erklärte, man habe Stillschweigen vereinbart. Die Beteiligung Tiefensees sei bereits kurz vor Weihnachten vereinbart worden, hieß es auf beiden Seiten.

Geeinigt hat man sich nach GDL-Angaben bislang bereits darauf, dass die Gewerkschaft einen eigenständigen Tarifvertrag bekommt. Dies sei im Sinne der GDL geschehen, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft am Sonntag. „Eine Kooperationsvereinbarung mit den anderen Bahn-Gewerkschaften ist dazu nicht mehr nötig.“ Dies hatte die Bahn bislang zur Bedingung gemacht, weil sie Unruhe im Unternehmen fürchtete durch einen permanenten Konkurrenzkampf der GDL mit den übrigen Bahn-Gewerkschaften Transnet und GDBA. Diese Forderung der GDL, mit der sie ihre Unabhängigkeit sichern will, hatte bislang im Mittelpunkt der Tarifauseinandersetzung gestanden. Allerdings müsse man mit den beiden anderen Organisationen noch darüber reden, „wie man in Zukunft Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber untereinander abstimmt“, wie der GDL-Sprecher weiter erklärte.

Beteiligt waren Transnet und GDBA an den Gesprächen in den vergangenen Tagen nicht. Auch deshalb herrschte am Wochenende Skepsis im Arbeitnehmerlager über die gemeldeten Fortschritte. „Bislang waren beide Seiten ja völlig unterschiedlicher Meinung darüber, was unter einem eigenständigen Tarifvertrag zu verstehen ist“, hieß es.

Um den eigenständigen Vertrag und deutliche Lohnerhöhungen von zunächst geforderten 31 Prozent durchzusetzen, hatte die GDL mehrfach gestreikt. Tausende Züge fielen im Regional- und Fernverkehr aus. Ein Streik bei der Güterbahn hatte zu Produktionseinschränkungen in der Industrie geführt. Mehrmals hatte es zwischenzeitlich nach einem Durchbruch ausgesehen. Jedes Mal waren aber neue Hürden aufgetaucht oder Bahn und GDL interpretierten Zwischenergebnisse unterschiedlich.Carsten Brönstrup

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