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Niederlage für CSU: Merkel stoppt Pkw-Maut

Monatelang trommelte CSU-Chef Horst Seehofer für die "Ausländer-Maut". Verkehrsminister Dobrindt wollte sein Konzept noch vor der Sommerpause vorlegen. Nun bremst ihn die Kanzlerin.

Wo bleibt es denn nun? Noch vor der Sommerpause hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ein Konzept für eine Pkw-Maut vorstellen wollen, die allein Ausländer belasten soll. Am 11. Juli gehen Parlament und Bundesrat in die Ferien – Dobrindt hat also noch genau eine Woche Zeit. Bislang liegt außer vagen Andeutungen von ihm nichts auf dem Tisch. Bedeutet das gar, dass das Projekt vor dem Scheitern steht?

Zumindest hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem „Handelsblatt“ zufolge in das Streitthema Pkw-Maut eingeschaltet und den Zeitplan von Bundesverkehrsminister Dobrindt gestoppt. Die CDU-Chefin habe in der Präsidiumssitzung der Partei am Montag das Vorhaben ausgebremst, ein Konzept noch vor der Sommerpause vorzulegen, berichtete die Zeitung in ihrer Freitagausgabe unter Berufung auf Parteikreise.

Merkel will Autofahrer nicht stärker belasten

„Es kommt nicht darauf an, das Konzept vor der Sommerpause vorzustellen“, zitieren demnach Teilnehmer der Runde die Kanzlerin. Für entscheidend hält Merkel demnach, dass Dobrindts Plan die Bedingungen des Koalitionsvertrags erfüllt und dem europäischen Recht genügt. Der Widerstand der Kanzlerin habe mehrere Gründe, hieß es demnach in Kreisen der Union weiter. So wolle Merkel nicht noch einmal wie beim Erneuerbaren-Energien-Gesetz Streit mit der EU-Kommission provozieren. Zudem solle Rücksicht auf die bevorstehenden Landtagswahlkämpfe genommen werden. Und schließlich lehne Merkel es grundsätzlich ab, Autofahrer stärker zu belasten.

Die Koalitionäre haben dem nur von der CSU geliebten Projekt in ihrem Vertrag schon hohe Hürden gesetzt: Die Maut darf deutsche Pkw-Besitzer nicht mit einem Cent mehr belasten, sie muss mit dem Europarecht vereinbar sein und soll auch noch eine nennenswerte Summe für den Bundeshaushalt liefern. Vom „magischen Vieleck“ sprechen selbst CSU-Größen.

Finanzminister Schäuble hat die größten Bedenken

Uneins. Merkel und Schäuble – hier bei einer Bundestagssitzung – streiten mit Dobrindt über die Pkw-Maut.
Uneins. Merkel und Schäuble – hier bei einer Bundestagssitzung – streiten mit Dobrindt über die Pkw-Maut.

© dpa

Sein Maut-Konzept hat Dobrindt in einem kleinen Kreis von nicht einmal zehn Leuten erarbeiten lassen. Er weiß: Dringt etwas nach außen, bevor alle Unklarheiten beseitigt sind, wird es für ihn schwierig – gerade angesichts des Sommerlochs. Bevor er sein Vorhaben präsentiert, holt sich Dobrindt in diesen Tagen bei allen relevanten Stellen Rückendeckung – bei EU-Verkehrskommissar Siim Kallas hat er vorgesprochen, er war im Kanzleramt, bei den Chefs der Regierungsfraktionen, im Wirtschafts- und im Finanzministerium. Parteifreunde bekamen eine etwas ausführlichere Darstellung, SPD-Koalitionäre nur eine für Nicht-Fachleute kaum verständliche Übersicht.

Bei Wolfgang Schäuble gibt es offenbar den größten Widerstand. Die Anforderungen an die Maut seien „relativ kompliziert“, befand der Finanzchef. Dobrindt sei dabei zu klären, „ob und wie für diesen schwierigen Weg eine Lösung gefunden werden kann“. Der Grund für des Ministers Skepsis ist, dass die Ausländer-Maut Umbauten bei der Kfz-Steuer vorsieht. Offenbar sollen auch alle Deutschen, die eine Autobahn benutzen, eine Vignette kaufen müssen. Über Rabatte bei der Kfz-Steuer, so die Option, bekommen sie das Geld dann erstattet. Die Kfz-Steuer ist aber Sache des Finanzministers.

Ab 2016: Kleben wie die Österreicher

Klar ist bislang immerhin, dass es eine Art Aufkleber geben soll, ähnlich wie in Österreich, dass eine Jahres-Vignette um die 100 Euro kosten und es Rabatte für umweltfreundliche Autos geben soll. Für Besucher, die nur wenige Tage oder Wochen kommen, soll es spezielle Tarife geben. Auch ein Zeitplan existiert bereits: 2015 soll das System technisch vorbereitet werden, ab 2016 wird es scharf gestellt.

Die SPD hofft derweil insgeheim, dass Dobrindt an den Vorgaben des Koalitionsvertrags Schiffbruch erleidet – etwa, weil die Verwaltungskosten die Einnahmen übersteigen. Offene Kritik hat Parteichef Sigmar Gabriel seinen Leuten verboten. Nachdem die Union SPD-Projekte wie den Mindestlohn oder die Rente mit 63 durchgewinkt hat, soll nun auch die CSU einmal feiern dürfen.

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