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Wirtschaft: Noch mehr Arbeitslose erwartet

Skeptische Konjunkturprognose des DIW / Kritik an Regierung und Bundesbank BERLIN (alf).Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat eine ernüchternde Analyse der Wirtschaftsentwicklung vorgelegt und dabei Bundesregierung und Bundesbank kritisiert.

Skeptische Konjunkturprognose des DIW / Kritik an Regierung und Bundesbank

BERLIN (alf).Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat eine ernüchternde Analyse der Wirtschaftsentwicklung vorgelegt und dabei Bundesregierung und Bundesbank kritisiert."Die Wirtschaftspolitik muß grundsätzlich neu überdacht werden", forderte DIW-Präsident Lutz Hoffmann am Mittwoch in Berlin bei der Vorlage des Institutsberichts über "Tendenzen der Wirtschaftsentwicklung 1997/98".Das DIW erwartet im laufenden Jahr eine Wachstumsrate von "knapp zwei Prozent" und 1998 von "gut zwei Prozent"; dabei werde die Zahl der Arbeitslosen in diesem Jahr um 400 000 und im kommenden Jahr um weitere 300 000 auf 4,66 Millionen ansteigen.Zu den jüngsten Äußerungen von Bundeskanzler Helmut Kohl, Wachstumsraten von 2,5 Prozent (1997) und drei Prozent (1998) seien möglich, sagte Hoffmann, "wir befürchten, daß wieder einmal von einer leichten Erholung auf einen kräftigen Aufschwung geschlossen wird". Die entscheidenen Defizite der deutschen Wirtschaft sieht das DIW in der schwachen Binnennachfrage und Investititonstätigkeit sowie im Zinsniveau.Nach Hoffmanns Meinung sind die Realzinsen noch immer zu hoch.In dem Zusammenhang wies der DIW-Präsident auf die US-Notenbank hin, die bei ihrer Geldpolitik "auch die Beschäftigung im Auge habe".Dagegen "tut die Bundesbank so, als geht sie das nichts an".In der Diskussion um verbesserte Investitionsbedingungen sei es "mehr als erstaunlich", daß kaum über die Zinsen geredet werde.Dabei entscheide über die Investionstätigkeit vor allem, ob die zu "erwartende Rendite des eingesetzten Kapitals (...) höher ist als die Zinsen, die für das Kapital zu zahlen sind", heißt es in dem Berich.Der für Konjunktur zuständige DIW-Abteilungsleiter Heiner Flassbeck sagte, die Bundesrepublik "leidet nicht an einem Modernisierungs- oder Reformstau", es gebe stattdessen ein "Erkenntnisproblem".Die Angebotspolitik haben nunmehr seit 15 Jahren versucht, die Investitionstätigkeit anzukurbeln - ohne Erfolg, "der Anstieg der Arbeitslosigkeit hat sich sogar beschleunigt".Ganz anders in den USA, wo die Reallöhne weiter weniger hinter der Produktivitätsentwicklung zurückgeblieben seien als in Deutschland, die Beschäftigung aber sehr viel stärker zunahm.Der Exportboom der deutschen Wirtschaft kann nach Einschätzung des DIW den Ausfall der privaten und staatlichen Nachfrage nicht ausgleichen."Deutschland siegt wieder im Wettbewerb der Nationen, daß heißt aber nicht, das Deutschland insgesamt gewinnt", meinte Flassbeck.Der Exporterfolg sei "zu einem erheblichen Teil durch die Schwäche der Binnennachfrage erkauft". Finanz- und Geldpolitik müßten sich ihrer gesamtwirtschaftlichen Verantwortung bewußt werden.Neben der Zinssenkung fordert das DIW eine expanisivere Ausgabenpolitik des Staates.Die Diskussion um das Maastricht-Verschuldungskriterium bezeichnete Flassbeck als "absurd", ob 3,0 oder 3,4 Prozent sei ziemlich egal, da das höhere Defizit konjunkturbedingt sei.Die Politik müsse vielmehr den konjunkturbedingten Anstieg des Staatsdefizits zulassen, "weil die Gegenmaßnahmen in einer Stagnation mit Massenarbeitslosigkeit im Ergebnis dem Wettlauf von Hase und Igel gleichen". Das Bundeswirtschaftsministerium teilte am Mittwoch mit, die deutsche Industrieproduktion sei im Mai gegenüber April um 0,2 Prozent gesunken.Gegenüber dem Mai 1996 habe es ein kleines Plus von 0,2 Prozent gegeben.Dagegen ging die Zahl der Pleiten im Westen im April leicht zurück.

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