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„Nokia 9000 Communicator“ vor 20 Jahren: 2700 D-Mark kostete das weltweit erste Smartphone

Vor 20 Jahren kam das erste Smartphone in die Läden: Der „Nokia 9000 Communicator“. Heute besitzt die Mehrheit der Deutschen internetfähige Handys. Ist der Markt bald gesättigt?


Jetzt bitte mal ganz ehrlich: Wem gilt am Abend der letzte Blick vorm Einschlafen? Dem Partner oder dem Smartphone? Viele Menschen pflegen ein schon fast zärtliches Verhältnis zu ihrem Handy, tragen es immer bei sich und leiden schnell unter „Nomophobie“, der Angst, ihr Smartphone womöglich irgendwo vergessen zu haben und damit vom Rest der Welt abgeschnitten zu sein („No Mobile Phone Phobia“).

Rund drei Viertel aller Deutsche besitzen ein Smartphone

Tatsächlich besitzt inzwischen die Mehrheit der Deutschen ein Smartphone: Rund drei Viertel aller Menschen hierzulande ab 14 Jahren (76 Prozent) verwenden heute ein solch internetfähiges Handy – das sind 52,9 Millionen Menschen. Vergangenes Jahr waren es noch rund zwei Drittel (65 Prozent) und 2012 gerade einmal etwas mehr als ein Drittel (36 Prozent). Die Zahlen zeigen, wie rasant die Liebe zum Smartphone in den vergangenen Jahren gewachsen ist.

2700 D-Mark kostete das erste Smartphone

Am kommenden Montag wird Jubiläum gefeiert: Vor genau 20 Jahren kam am 15. August 1996 das erste Smartphone in die Läden, der „Nokia 9000 Communicator“. Der finnische Mobilfunkhersteller Nokia pries das Gerät als „Büro im Westentaschenformat“ an, rund ein halbes Kilogramm schwer zum stolzen Preis von 2700 D-Mark. Als große Leistung wurde hervorgehoben, dass der aufklappbare „Communicator“ auch Faxe senden und empfangen konnte – eine Technik, die heute fast ausgestorben ist. Allerdings gibt es Streit, ob der „Nokia 9000 Communicator“ tatsächlich das erste Smartphone war. Manche Experten sehen im „Simon Personal Communicator“ das erste Smartphone der Welt, der bereits ab August 1994 von IBM in den USA verkauft wurde. Doch im Gegensatz zum „Communicator“ von Nokia konnte man mit dem klobigen „Simon“ von IBM nicht im Web surfen, was für die meisten Technik-Historiker den Begriff „Smartphone“ mitdefiniert.

Fast ein halbes Kilogramm wog das erste Smartphone: Der "Nokia 9000 Communicator" kam am 15. August 1996 in die Läden.
Fast ein halbes Kilogramm wog das erste Smartphone: Der "Nokia 9000 Communicator" kam am 15. August 1996 in die Läden.

© dpa

Ohnehin zog sich IBM bald wieder vom Markt zurück, Nokia legte dagegen immer weiter nach. 1999 brachten die Finnen mit dem „Nokia 7110“ das erste WAP-Handy auf den Markt, mit dem man für mobile Verbindungen formatierte Web-Seiten aufrufen konnte. Zusammen mit Samsung begründete Nokia 2004 mit seinen Geräten die dritte Mobilfunkgeneration UMTS in Deutschland.

Der große Hype ging erst mit dem Smartphone los

Der große Hype ging jedoch erst mit dem iPhone los, das Apple-Chef Steve Jobs am 9. Januar 2007 präsentierte. Er versprach drei Geräte in einem: einen Musikplayer mit Touch-Bedienung, ein revolutionäres Telefon und einen neuen Internet-Kommunikator. Die damaligen Mobilfunkpioniere Nokia, Motorola und Blackberry wurden von der iPhone-Ankündigung kalt erwischt und hatten selbst Jahre später noch große Schwierigkeiten, eine angemessene Antwort zu geben. Nur Google war mit seinem damaligen Chef Eric Schmidt gut vorbereitet. Schmidt war Aufsichtsratsmitglied bei Apple und bekam mit, wohin die Reise geht. Schon im Sommer 2005 hatte Google das Start-up Android übernommen, um eine Steuerungssoftware für Kameras zu entwickeln. Doch nach der iPhone-Premiere wurde das Projekt neu ausgerichtet und als Gegenspieler zu Apple positioniert. Im Oktober 2008 kam mit dem HTC Dream das erste Android-Smartphone auf den Markt. Apple-Chef Jobs tobte, weil die Android-Oberfläche dem iPhone so sehr ähnelte. Es gelang Apple allerdings nicht, das Google- System vor Gericht auf breiter Front stoppen zu lassen. Jobs' Nachfolger Tim Cook beendete den „thermo-nuklearen“ Patentkrieg.

Google und Samsung sind die Gewinner des Booms

Neben Google kann sich Samsung als Gewinner des danach einsetzenden Android-Booms fühlen. Im ersten Quartal 2012 lösten die Südkoreaner Nokia als weltgrößten Mobilfunkhersteller ab. Diese Spitzenposition hatte Nokia seit 1998 innegehalten. Der Abstieg der Finnen beschleunigte sich ab 2011, weil die Nokia-Entwickler nicht in der Lage waren, ihr Symbian-System zu einer attraktiven Alternative zu Apples iOS oder Android von Google zu erneuern.

Android hat sich inzwischen am Markt durchgesetzt: Knapp 294 Millionen Geräte mit dem Google-System wurden im ersten Quartal 2016 verkauft, fast sechs Mal mehr die 51,6 Millionen iPhones, die in diesem Zeitraum abgesetzt wurden. Allerdings fährt Apple immer noch den Löwenanteil der Gewinne ein, während andere Hersteller kaum schwarze Zahlen erzielen. In der Absatzstatistik landet Microsoft mit Windows Phone mit 2,6 Millionen Geräten abgeschlagen auf Platz drei. Und die Blackberry-Smartphones fallen mit 0,6 Millionen Stück schon fast aus der Statistik raus.

Ist der Markt inzwischen gesättigt?

Ist der Markt angesichts des Booms nicht längst gesättigt? Tatsächlich lagen die jüngsten Absatzzahlen nur noch marginal über den Vorjahreswerten. Und da die Preise immer weiter fallen, verzeichnete die Branche erstmals seit langer Zeit einen Umsatzrückgang. Dennoch ist Apple-Chef Tim Cook überzeugt, dass das Smartphone für das Leben der Menschen essenziell ist. Künstliche Intelligenz werde diesen Trend noch verstärken, sagte er kürzlich: „Da das Telefon immer stärker dein Assistent wird, gehört es zu den Dingen, ohne die man das Haus nicht verlässt.“
Tatsächlich würden 47 Prozent der Deutschen wieder umkehren, wenn sie ihr Smartphone zu Hause vergessen haben, heißt es in einer aktuellen TNS-Emnid-Studie. Das passiert aber nur den wenigsten. Zu groß ist die Sorge vor „Nomophobie.“ (mit dpa)

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