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Wirtschaft: Nokia muss Rückforderungen fürchten

NRW prüft, ob der Konzern Millionen zurückzahlen muss /IG Metall beantragt einstweilige Verfügung

Bochum/Düsseldorf - Auch mehrere Tage nach der Ankündigung, dass Nokia-Werk in Bochum zu schließen, reißt die Kritik nicht ab. Einschließlich Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich die gesamte politische Riege der Republik empört, Sozial- und Christdemokraten schimpfen in seltener Einigkeit über die kaltherzigen Finnen. Während NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) das Unternehmen als „Subventionsheuschrecke“ brandmarkt, beklagt Finanzminister Peer Steinbrück die Auswüchse des „Karawanenkapitalismus“ und schlägt Peter Struck (beide SPD) gar vor, die finnischen Handys durch andere zu ersetzen.

Nordrhein-Westfalen erwägt inzwischen sogar die Rückforderung milliardenschwerer Subventionen von dem finnischen Konzern. Möglicherweise hat der Mobilfunkkonzern bis zu 40,8 Millionen Euro Landes-Subventionen zu Unrecht erhalten, wie aus einer Erklärung des Landes-Wirtschaftsministeriums vom Freitag hervorgeht. NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) traf deshalb am Freitag in Berlin – auf Vermittlung von Wirtschaftsstaatssekretär Hartmut Schauerte – mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden von Nokia Deutschland, Veli Sundbäck, zusammen. Dort las Thoben ihm erst einmal eine Passage aus dem von ihren sozialdemokratischen Vorgängern verfassten Papier vor. „Sie haben sich verpflichtet, mindestens 2856 Arbeitsplätze in dem Werk anzubieten“, hielt sie dem Finnen entgegen. Sundbäck entgegnete, die Zahl sei jederzeit durch die bis 1000 Leiharbeiter sicher gestellt worden, die zu den 2300 fest angestellten Nokianern hinzuzurechnen seien. „Das steht so nicht in den Unterlagen“ , konterte die Frau Ministerin blitzschnell.

In der Tat gibt es inzwischen entsprechende Regeln, aber zum Zeitpunkt der Bewilligung war das nicht möglich. Weil man Nokia bei dem gegenwärtigen Verhalten nicht auf dem Kulanzweg entgegenzukommen bereit ist, prüfen die Fachleute im Hause Thoben, ob man nicht die mehr als 40 Millionen Euro von Nokia zurückfordern kann.

Unterdessen beantragten die IG Metall und der Nokia-Betriebsrat eine einstweilige Verfügung gegen den Konzern. Mit der bei Gericht beantragten einstweiligen Verfügung wollen IG Metall und Betriebsrat nach Gewerkschaftsangaben verhindern, dass die Nokia-Geschäftsführung durch Umleitung von Aufträgen nach Ungarn den laufenden Betrieb in Bochum „im Vorgriff von Aufsichtsratentscheidungen und Verhandlungen ausbluten“ lässt. Zudem forderte IG-Metall-Chef Berthold Huber am Freitag in Frankfurt am Main schärfere gesetzliche Barrieren und mehr Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer bei Standortverlagerungen. Die Bundesregierung solle eine Gesetzesinitiative auf den Weg bringen, um Unternehmen an den gesellschaftlichen Kosten von Verlagerungen zu beteiligen. Außerdem müssten die Mitbestimmungsrechte wie im VW-Gesetz erweitert werden, um Verlagerungen zu erschweren.

Für Dienstag ist in Bochum eine Großdemonstration gegen die Werksschließung geplant, zu der mehrere tausend Teilnehmer erwartet werden. mit AFP

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