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Wirtschaft: Nordkorea schwenkt Olivenzweige

Kim Jong Ils Eingeständnis, dass Pjöngjang mindestens zwölf junge Japaner entführt hat und wenigstens teilweise getötet hat, ist ein Zeichen für einen tief beunruhigten Tyrannen, der weiß, dass seine Tage gezählt sind. Wie alle Tyrannen versucht auch er, mit so viel wie nur möglich davonzukommen.

Kim Jong Ils Eingeständnis, dass Pjöngjang mindestens zwölf junge Japaner entführt hat und wenigstens teilweise getötet hat, ist ein Zeichen für einen tief beunruhigten Tyrannen, der weiß, dass seine Tage gezählt sind. Wie alle Tyrannen versucht auch er, mit so viel wie nur möglich davonzukommen. Bis vor einigen Jahren bedeutete das, dass nordkoreanische Regierungsvertreter jedes Mal aus Besprechungen hinausstürmten, wenn ihre japanischen Amtskollegen nach den Entführten fragten. Anders am Dienstag vergangener Woche während des Besuchs des japanischen Premierministers Junichiro Koizumi: Kim entschuldigte sich für die Entführungen, wenngleich er jede persönliche Verstrickung leugnete. Der Grund für das plötzliche Geständnis liegt auf der Hand: Kim braucht eine weitere Quelle harter Währung, wenn sein bankrottes Regime überleben soll. Seine einzige Option ist, die Japaner zu Entschädigungszahlungen für die japanischen Gräueltaten während des Krieges zu bringen. Deshalb hat er seinen Stolz hinsichtlich der Entführungsfälle überwunden. Und: Nachdem Kim es nun ganz offensichtlich mit einem entschlossenen US-Präsidenten in Gestalt von George W. Bush zu tun hat, der ihn im Januar als Teil der „Achse des Bösen“ brandmarkte, sucht er neue Gesprächspartner. Kim verspürt ganz klar die Notwendigkeit, ein paar Olivenzweige zu schwenken – aus schierer Angst, dass er ansonsten dasselbe Schicksal erleidet, das Saddam Hussein erwartet. All dies zeigt, dass es sich bezahlt machen kann, Härte zu zeigen. Doch man soll niemals die Fähigkeit von Diplomaten unterschätzen, in opportunistische Fahrwasser zurückzukehren. Es melden sich bereits Stimmen, die anregen, dass der „Erfolg“ der Koizumi-Reise rechtfertigen würde, einen amerikanischen Gesandten auf eine ähnliche Pilgerreise zu schicken. Die Realität ist die, dass Kim Jong Ils Olivenzweige seinen Gesprächspartnern bisher wenig eingebracht haben. Ihre wahre Bedeutung liegt in der Tatsache, dass Kim überhaupt die Notwendigkeit verspürte, den Dialog zu suchen. Es zeigt, wie nervös es den Diktator gemacht hat, als Teil einer Achse des Bösen betrachtet zu werden. Und es bestätigt die Standhaftigkeit der Bush-Administration, sich bislang zu weigern, einen Dialog wiederaufzunehmen, um den Pjöngjang beinahe bettelt.

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