zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Novartis und Aventis wollen fusionieren

Schweizer Pharmakonzern kündigt Verhandlungen an – Herausforderer Sanofi hält mit guten Zahlen dagegen

Berlin (pet). Der Übernahmekampf um Aventis ist in die nächste Runde gegangen. Am Donnerstag kündigte die Schweizer Novartis an, offiziell Fusionsverhandlungen mit Aventis aufzunehmen. „Der Verwaltungsrat von Novartis hat beschlossen, das Angebot des Aufsichtsrates von Aventis anzunehmen“, teilte Novartis am Donnerstag bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das erste Quartal 2004 mit. Zu Preisvorstellungen wollte sich Finanzchef Raymund Breu nicht äußern. Bei einer Fusion von Aventis und Novartis wäre der französische Herausforderer SanofiSynthélabo aus dem Rennen. Sowohl Novartis als auch Sanofi warben Donnerstag mit guten Quartalszahlen um die Gunst der Aventis-Aktionäre. Die Aventis-Gewerkschaften lehnten die Fusionspläne ab.

Mit dem Einstieg von Novartis erhält der Übernahmekampf eine neue Dimension. Aventis wehrt sich – unter anderem mit einer Klage vor einem US-Gericht – gegen die Übernahme durch den kleineren französischen Konkurrenten Sanofi, das einen Wert von rund 45 Milliarden Euro hat. Die Zeit drängt, denn die EU will in Kürze die Genehmigung zur Übernahme von Aventis erteilen. Bereits Anfang April hatte der Aventis-Aufsichtsrat Novartis zu Fusionsverhandlungen eingeladen. Ziel war es, Novartis als „weißen Ritter“ zu einem Gegenangebot zu bewegen, und damit die nicht gewünschte Mehrheitsübernahme durch Sanofi zu verhindern. Novartis wollte aber nur unter der Bedingung für Aventis bieten, dass die französische Regierung sich neutral verhält. Paris unterstützt die Übernahmepläne von Sanofi aber sehr offensichtlich.

Umso erstaunter waren Marktbeobachter, dass Novartis jetzt offiziell Fusionsverhandlungen mit Aventis aufnehmen will. „Ich bin überrascht“, sagte Pharmaanalyst Peter Düllmann vom Bankhaus Sal. Oppenheim. „Das zeigt, dass Novartis ein starkes Interesse hat.“ Novartis selbst wollte keine Prognose zum Ausgang der Verhandlungen geben. „Es können keine Zusicherungen gemacht werden, ob eine Einigung erzielt werden kann“, teilte der Konzern mit. Novartis hat auch Verhandlungen mit der deutschen Regierung aufgenommen. Das Berliner Wirtschaftsministerium bestätigte, dass es am Mittwoch ein Treffen zwischen Novartis-Chef Daniel Vasella und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) gegeben hat. Nach Informationen aus Schweizer Analystenkreisen will die Aventis-Spitze schon in zwei Wochen zu einem Ergebnis kommen.

Sowohl Novartis als auch Angreifer Sanofi haben am Donnerstag bei der Vorlage der Quartalszahlen versucht, sich als möglichst attraktive Partner zu präsentieren. Novartis steigerte den Gewinn um 22 Prozent auf 1,3 Milliarden Dollar (1,5 Milliarden Euro), der Konzernumsatz stieg um 16 Prozent auf 6,6 Milliarden Dollar (7,7 Milliarden Euro). Für das Gesamtjahr kündigte Novartis-Chef Vasella einen neuen Rekord beim operativen Gewinn an. Die Aktie verlor in Zürich trotzdem deutlich an Wert. Der Markt hat nach Meinung der Analysten von Lehman Brothers mit Ablehnung auf die Nachricht über beginnende Übernahmeverhandlungen reagiert. Sanofi steigerte den Umsatz im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal ebenfalls deutlich um zwölf Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Zum Ertrag machte der Konzern keine Angaben.

Die Aventis-Gewerkschaften lehnten eine Fusion weiter ab. „Wir haben auch bei Novartis die Befürchtung, dass bei einer Fusion deutsche Arbeitsplätze verloren gehen“, sagte Michael Klippel, Betriebsratsvorsitzender von Aventis in Frankfurt (Main), dem Tagesspiegel. In Deutschland gäbe es dann insbesondere bei Marketing und Vertrieb starke Überschneidungen. „Uns wäre das Allerliebste, wenn wir allein blieben.“ Gleichzeitig forderte er die Regierung auf, bei den Franzosen auf Neutralität im Übernahmekampf zu dringen. „Ich erwarte, dass die deutsche Regierung die Franzosen zumindest auffordert, sich rauszuhalten“, sagte der Betriebsratsvertreter.

Auch die französischen Aventis-Gewerkschaften lehnen eine Fusion ab. „Die Aventis-Gewerkschaften...werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um sie scheitern zu lassen“, heißt es in einem Brief an den französischen Finanzminister Nicolas Sarkozy.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false