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Kabelsalat. Der Datenstrom innerhalb des Schengen-Raumes soll sicherer werden. Die technischen Möglichkeiten hierfür bestehen, argumentiert die deutsche IT-Branche.

© dpa

NSA-Skandal: Bitkom will ein vereintes Europa

Die IT-Wirtschaft fordert, dass alle EU-Bürger wie Inländer behandelt werden müssen. Sehr konkrete Vorstellungen haben die Unternehmen für den Internet-Verkehr.

Berlin - Die Regierungen der EU-Mitgliedsländer müssen angesichts der Ausspähaktionen vor allem durch den US-Geheimdienst NSA zusammenrücken. Dies fordert der IT-Branchenverband Bitkom in einem Positionspapier, das am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Alle EU- Bürger müssten in den EU-Mitgliedsstaaten als Inländer behandelt werden, die von den eigenen Geheimdiensten nicht ohne konkreten Anlass ausgespäht werden dürften, schreibt der Bitkom, der als erster deutscher Industrieverband nach dem Bekanntwerden der Geheimdienstprogramme Prism und Tempora nun Konsequenzen fordert. „Ein konföderiertes Ausspähen der nationalen Behörden untereinander und damit eine Aushebelung des Fernmeldegeheimnisses und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung darf es nicht geben“, sagte Bitkom-Präsident Dieter Kempf.

Eine sehr konkrete Forderung betrifft den Internetverkehr. Der Verband möchte prüfen lassen, inwieweit der Transport der Internetdaten allein durch Deutschland oder den Schengen-Raum – zu dem Großbritannien nicht gehört – zu mehr Datenschutz und Datensicherheit führt. Technisch wäre es Kempf zufolge möglich, den Datenstrom entsprechend zu leiten, wenn zum Beispiel eine E-Mail innerhalb Deutschlands beziehungsweise Europas verschickt wird. Das Papier wurde vom Bitkom-Präsidium, dem auch der Chef von Microsoft Deutschland Christian Illek angehört, einstimmig verabschiedet. Eine nationale Routerindustrie wird hingegen abgelehnt. Es bräuchte schon einen mehrstelligen Milliardenbetrag, nur um den Rückstand der Marktführer Cisco und Huawei einzuholen.

Bei den Neuverhandlungen über das Transatlantische Handelsabkommen zwischen Europa und den USA müsse darauf geachtet werden, dass dort auch der sichere Verkehr von Daten und Sprache berücksichtigt werde. Ohne Passagen zu Datenschutz und Datensicherheit wäre es sonst eine Lex imperfecta, sagte Kempf. Um das Datenschutzrahmenabkommen, auch bekannt als Safe-Harbour-Abkommen, zu ergänzen, müsse es zudem rasche Verhandlungen mit den USA über ein No-Spy-Abkommen geben.

Für Deutschland regt der Verband die Einrichtung eines Internetrates an, der die Bundesregierung in Fragen der Netzpolitik eine Orientierungshilfe geben soll. Insbesondere die beiden großen Volksparteien hätten sich in diesen Fragen „noch nicht vollständig positioniert“. Dem Gremium sollen Vertreter von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und gesellschaftlichen Gruppen angehören.

Zugleich erinnerte Kempf daran, dass die Gefahren jenseits der Geheimdienste nicht kleiner geworden seien. Einer Studie zufolge müssen deutsche Unternehmen jährlich Schäden in Höhe von 40 bis 60 Milliarden Euro verkraften, die unter anderem durch schlecht geschulte Mitarbeiter entstehen oder durch Beschäftigte, die sensible Daten bei einem Arbeitgeberwechsel mitnehmen, aber auch durch Sabotage und Racheakte.

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