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Wirtschaft: Nuon gewinnt in Berlin 20 000 Kunden

Preiserhöhung von Vattenfall zeigt Wirkung / Zügige Regulierung der Stromnetze gefordert

Berlin - Die angekündigte Preiserhöhung beim größten Berliner Stromversorger Vattenfall gibt den Konkurrenten Auftrieb. „Wir spüren einen Push“, sagte Thomas Mecke, Chef von Nuon Deutschland, dem Tagesspiegel. Allerdings entwickle sich das Geschäft auch so schon erfolgreich in Berlin. Rund 20 000 Kunden habe man hier sei Jahresanfang dazugewonnen. Nuon plane derzeit keine Preiserhöhungen. Nach Schätzung des Branchendienstes Verivox werden aber zum 1. Juli mindestens 100 Versorger ihre Tarife anheben. Von dem Datum an müssen sich die Stromversorger ihre Tarife nicht mehr vom Wirtschaftsminister des jeweiligen Bundeslandes genehmigen lassen.

„Die Zahl der Wechsler zeigt, dass die Entwicklung auf dem Strommarkt in die richtige Richtung geht“, sagte Holger Krawinkel, Leiter des Fachbereichs Energie beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Die Berliner Verbraucher seien in einer vergleichsweise komfortablen Situation, weil es hier eine größere Zahl alternativer Anbieter gebe. „Vattenfall ist aber immer noch der Platzhirsch“, sagte Krawinkel. Vor einem Wechsel sollten Kunden auf die Seriosität des Anbieters achten – und vergleichen, welcher bezogen auf den individuellen Verbrauch am günstigsten ist.

Beim Vattenfall-Konzern, in dem die Bewag aufgegangen ist, sieht man auch die Entwicklung nach der Ankündigung, die Preise zum 1. Juli um 6,5 Prozent anzuheben, gelassen. „Die negativen Reaktionen sind im Promillebereich“, sagte eine Unternehmenssprecherin. „Über Preiserhöhungen ist niemand glücklich. Die Kunden haben aber offenbar Verständnis.“ Der Marktanteil von Vattenfall in Berlin liege bei 85 bis 90 Prozent. In der Hauptstadt gibt es insgesamt gut zwei Millionen Stromkunden.

Vattenfall als Betreiber des Berliner Stromnetzes verhalte sich fair, sagte Nuon-Chef Mecke über den Marktführer. Die Bedingungen in Deutschland würden aber noch nicht für richtigen Wettbewerb ausreichen. Mecke forderte die Bundesregierung deshalb auf, ihre Pläne für eine schärfere Regulierung der Stromnetze schnell umzusetzen.

Bei der sogenannten Anreizregulierung geht es um die bessere Regulierung der Stromnetze und insbesondere der Kosten, die die Netzgesellschaften bei ihrer Preisgestaltung geltend machen dürfen. Etwa ein Drittel des Strompreises beim Endkunden geht auf Durchleitungskosten vom Überlandnetz bis zum Verteilnetz in der Stadt zurück. Da die Kosten der einzelnen Betreiber stark variieren, will die Politik den günstigsten Eigner als Orientierungsmarke vorgeben. Die übrigen könnten dann nur noch in einer festgelegten Größenordnung davon abweichen.

Nuon-Chef Mecke zufolge „wird es dringend Zeit, dass die Anreizregulierung und die Orientierung am Klassenbesten kommen“. Mit den aktuellen Verhältnissen sei die Tochter des niederländischen Energieerzeugers Nuon „nicht glücklich“. Skeptisch sehe man allerdings auch die Diskussion über eine weitere Preisaufsicht. „Jahrzehnte mit Preisregulierung haben gezeigt, dass höhere Preise auch unter Aufsicht kommen.“ Niedrigere Preise gäbe es nur im Wettbewerb, sagte Mecke.

Der werde aber auch durch hohe Wechselkosten gehemmt. Im Schnitt entstehen neuen Stromanbietern in Deutschland – nach Erhebungen der Bundesnetzagentur – pro wechselndem Kunden 107 Euro an Kosten. „Das könnte locker halbiert werden“, sagte Mecke. Darüber hinaus dauere ein Wechsel hierzulande sechs bis acht Wochen, während in Belgien und den Niederlanden sechs bis acht Tage die Regel seien. Bei vielen Versorgern hierzulande sei deutlich mehr Effizienz möglich. Dafür mache die Bundesnetzagentur zwar schon Vorgaben – aber mit dem Zieljahr 2009. Auch die Regulierung selbst mit den Netzagenturen auf Bundes- und Länderebene sei noch nicht effizient genug. „Für uns als neuen Anbieter ist es schwierig, damit umzugehen“, sagte Mecke.

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