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Wirtschaft: Nur starke Autohändler überleben EU-Kommission reformiert das Vertriebsgeschäft/Keine Fahrzeuge im Discounter

Brüssel/Berlin (chg/fo/msh). Die Kommission der EU hat den Automobilhandel in der Europäischen Union reformiert und erhofft sich davon mehr Wettbewerb im Neuwagengeschäft.

Brüssel/Berlin (chg/fo/msh). Die Kommission der EU hat den Automobilhandel in der Europäischen Union reformiert und erhofft sich davon mehr Wettbewerb im Neuwagengeschäft. Autos zu Kampfpreisen beim Discounter wird es aber auch in Zukunft nicht geben.

Mit der Verordnung sollen Hersteller zur Öffnung ihrer Händlernetze bewegt und der grenzüberschreitende Handel erleichtert werden. Händler können ab 2003 mehr als eine Marke unter einem Dach vertreiben, Werkstätten sind nicht mehr zwingend angeschlossen und exklusive Vetriebsrechte verboten. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) begrüßt es, den Autovertrieb mit Übergangsfristen (siehe Seite 1) zu öffnen. Damit seien wichtige Vorschläge berücksichtigt worden. VDA und die Gewerkschaft IG Metall hatten mit Hilfe der Bundesregierung versucht, die Reform zu verhindern.

Die IG Metall hält an ihrer Kritik fest: Die Reform gefährde Arbeitsplätze im Mittelstand. Automobilexperten aus den Hochschulen sind sich darin einig, dass die Zahl der Betriebe sinken wird, weil nur große und rentable Händler überlebensfähig sind. In Deutschland werden pro Betrieb im Schnitt 140 Fahrzeuge per anno verkauft, in den USA sind es zehn mal soviele.

VDA-Präsident Bernd Gottschalk betonte am Mittwoch, „dass es auch künftig keinen Automobilkauf in Stehcafés und Supermärkten geben wird“. Diese ursprüngliche Idee der Kommission sei nicht im Interesse der Kunden. Die Autohersteller können zwar keine Exklusivhändler mehr festlegen. Aber sie dürfen gewisse Standards für technische Ausstattung oder Präsentation verlangen.

Deshalb ist auch nicht damit zu rechnen, dass es Autos bald an jeder Ecke gibt. Einzelhändler wie die Metro, Tengelmann oder Spar wiegelten auf Anfrage des Tagesspiegel ab. „Wir bleiben bei unserem Kerngeschäft. Der Autohandel hat seine eigenen Gesetze“, sagt Metro-Sprecher Albrecht von Truchseß. Aufgeschlossener ist der Lebensmittelhändler Edeka, der schon früher mit Autoverkaufsaktionen für Furore sorgte. Auch in Zukunft seien diese Aktionen möglich. Auch Karstadt-Quelle zeigte sich nicht abgeneigt. „Aktuell ist nichts geplant. Aber wenn der Kunde das wünscht, sind wir für alles offen“, sagte ein Sprecher.

Manfred Dimper, Handelsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, erwartet die wesentlichen Auswirkungen der Reform im Reparatur- und Servicegeschäft. „Das Geld wird in der Werkstatt, nicht im Handel gemacht.“ Nach Dimpers Einschätzung haben jetzt vor allem freie Werkstätten eine Chance, ins Geschäft der bisherigen Vertragswerkstätten einzusteigen. Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer meint allerdings, dass sich kleine Betriebe die immer aufwändigere Werkstatttechnik gar nicht leisten könnten. Autohändler reagierten am Mittwoch recht gelassen. „Vertragshändler können damit leben“, sagt Günter Stephan vom Autohaus Stephan in Berlin. „Unsere Hauptschlagkraft ist der Service.“ Und den biete kein Discount-Markt. Auch durch das Internet drohe keine übermächtige Konkurrenz, meint Oliver Gran vom Autohaus in Wittena, Berlin. Schließlich wollten die „Leute die Autos anfassen“. Ansonsten begrüße er sogar einen möglichen Wegfall der Vertragsbindung: So könne er weitere Marken ins Sortiment nehmen. Das erweitere den Kundenkreis. Überhaupt nicht ruhig zuschauen kann Reinhard Lewicki. Die „Sahelzone“, in der sich der Automarkt zurzeit ohnehin befinde, werde dadurch nur schlimmer. Jetzt kämen auch noch die Läden wie Aldi, „die alles verschenken und den Markt kaputt machen.“

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