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Wirtschaft: Nur zwei Grad Erderwärmung als Ziel

Vattenfall stellt in Berlin eine „Weltkarte des Klimaschutzes“ vor / CO2-Reduzierung kann profitabel sein

Berlin - Mit einer „Weltkarte des Klimaschutzes“ will der schwedische Energiekonzern Vattenfall die Klimadebatte beeinflussen und die Erderwärmung bis 2030 um zwei Grad begrenzen. Das Klima sei zwar das „Thema des Tages“, dennoch sei es in seiner Bedeutung noch immer „völlig unterschätzt“, sagt der Chef des Energiekonzerns, Lars Josefsson, am Donnerstag in Berlin. Der Energiemanager berät Bundeskanzlerin Angela Merkel während der deutschen EU-Präsidentschaft und dem Vorsitz der sieben wichtigsten Industrienationen und Russland (G 8) in Klimafragen. Diese Doppelpräsidentschaft bezeichnet Josefsson als „historische Chance“, um die Erderwärmung auf einem noch beherrschbaren Niveau zu halten.

Seit fünf Jahren beschäftige er sich mit dem Problem, erzählte Josefsson, vor allem, weil Vattenfall mit dem Einstieg in den deutschen Markt Braunkohlekraftwerke und einen Braunkohletagebau übernommen hat – die klimaschädlichste Energiequelle unter den Brennstoffen. In Schweden produziert Vattenfall den Großteil des Stroms mit Wasserkraft und Atomkraftwerken. Die am Donnerstag in Berlin vorgestellten „Weltklimakarte“ enthält Josefsson zufolge alle Informationen darüber, „was wir tun müssen“. Dazu sei aber auch in der Industrie ein „mentaler Quantensprung“ nötig. Seinen Kollegen in den Unternehmen gab er mit Blick auf neue Geschäftsfelder im Klimaschutz die Prognose mit: „Die letzten werden die Verlierer sein.“

Josefsson ist überzeugt, dass die Verminderung von rund 40 Prozent des Welt-Kohlendioxid-Ausstoßes „negative Kosten verursacht, also Geld damit verdient werden kann“. Allein in der Gebäudesanierung lägen „riesige Potenziale“. In diese Richtung wolle er auch die Bundeskanzlerin beraten. Dass die Bundesregierung das ähnlich sieht, bestätigte der Staatssekretär im Umweltministerium Matthias Machnig. Er kündigte anlässlich der Präsentation der Vattenfall-Weltkarte ein Effizienzprogramm der Regierung an. Beim Strom sei eine Energieeinsparung von 20 Prozent, bei den Gebäuden von 15 und beim Verkehr von weiteren 20 Prozent drin, meinte der Staatssekretär. Zudem strebe die Regierung eine Novelle zur Förderung der Kraft- Wärme-Kopplung an, bei der gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt wird, sowie ein Regenerative-Wärme-Gesetz.

Dieses Gesetz soll ähnlich funktionieren wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beim Strom. Nach dem EEG müssen erneuerbare Energien bis 2010 einen Anteil von 12,5 Prozent an der Stromversorgung in Deutschland haben. Derzeit sind es knapp zehn Prozent, bis 2020 werden 20 Prozent angestrebt. Josefsson bemühte sich in Berlin um einen optimistischen Ton. „Die unbequeme Wahrheit hat eine bequeme Lösung“, kommentierte der Vattenfall-Chef die „Weltkarte des Klimaschutzes“. Folge man den Empfehlungen und Ansatzpunkten seines Konzerns, so könnten im Jahr 2030 weltweit sieben Gigatonnen Treibhausgasemissisionen vermieden werden, das wäre immerhin sieben Mal so viel, wie in jedem Jahr in Deutschland ausgestoßen werden.

Eine der wichtigsten Maßnahmen ist für Josefsson der weltweite Handel von Emissionszertifikaten. Derzeit werden in Europa erste Erfahrungen gemacht mit diesem marktwirtschaftlichen System, das den CO2-Emissionen einen Preis gibt und sie so reduzieren soll. Mit den heute vorhandenen Technologien sei es grundsätzlich möglich, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius bis 2030 zu begrenzen. Auch das für die Investitionen erforderliche Kapital, etwa für CO2-freie Kohlekraftwerke, sei vorhanden. Doch die Politik müsse ihren Beitrag leisten, meinten Josefsson und der Chef der in Berlin ansässigen Vattenfall Europe, Klaus Rauscher. Beispielsweise gebe es bislang noch keinen rechtlichen Rahmen für die Genehmigung von CO2-Speicherung im Boden. Vattenfall plant derzeit das erste CO2-freie Kohlekraftwerk im sächsischen Boxberg. Um den Energieverbrauch von Fahrzeugen aber auch von Wohnungen und Häusern zu reduzieren, müsse die Politik „vielleicht mit neuen Standards arbeiten, vielleicht etwas verbieten“, meinte Josefsson.

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