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Wirtschaft: OECD und IWF fordern mehr Gefühl bei Reformen „Regierung muss sich um Konsens in der Bevölkerung bemühen“ / Experten erhöhen die Wachstumsprognose für Deutschland

Berlin – Wirtschaftsexperten haben Bundesregierung und Opposition ermahnt, die Menschen bei ihrem Reformkurs mitzunehmen. „Wenn man derart tiefschürfende Reformen macht, muss man sich Mühe geben, einen Konsens in der Bevölkerung zu erzielen“, sagte der Deutschlandexperte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Eckhard Wurzel, am Donnerstag.

Berlin – Wirtschaftsexperten haben Bundesregierung und Opposition ermahnt, die Menschen bei ihrem Reformkurs mitzunehmen. „Wenn man derart tiefschürfende Reformen macht, muss man sich Mühe geben, einen Konsens in der Bevölkerung zu erzielen“, sagte der Deutschlandexperte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Eckhard Wurzel, am Donnerstag. Das sei nicht nur Sache der Bundesregierung, auch widersprüchliche Signale aus dem unionsdominierten Bundesrat seien schädlich. Der Internationale Währungsfonds (IWF) räumte ein, dass sozialpolitische Reformen in Europa an ihre Grenzen gestoßen sind. „Regierungen, die zu schnell vorgehen, zahlen einen hohen politischen Preis: Sie werden vom Wähler abgestraft“, sagte ein hochrangiges IWF-Mitglied dem Handelsblatt. Jetzt komme es in erster Linie darauf an, die begonnenen Reform-Projekte umzusetzen.

Trotz verbesserter Wachstumsaussichten prognostiziert die OECD in ihrem Wirtschaftsbericht, der am Donnerstag vorgelegt wurde, für den deutschen Arbeitsmarkt noch keine rasche Trendwende. Erst 2005 sei ein geringfügiger Rückgang der Arbeitslosenzahl zu erwarten. Für das laufende Jahr gehen die Experten von einem Wirtschaftswachstum zwischen 1,5 und 2 Prozent aus und korrigierten ihre Prognose damit leicht nach oben. Im Frühjahr waren sie von knapp 1,5 Prozent ausgegangen. Für 2005 bleibt die Wirtschaftsorganisation der Industriestaaten bei ihrer Prognose von 2,1 Prozent. Damit werde die deutsche Volkswirtschaft weiter langsamer wachsen als der Durchschnitt der Industrieländer. Die anhaltend schlechte Situation auf dem Arbeitsmarkt belaste das Konsum- und Geschäftsklima. Im derzeitigen Rekord-Ölpreis sieht die OECD jedoch keine Bedrohung für die Konjunkturerholung in Deutschland.

Der IWF-Mann würdigte die politischen Initiativen in Frankreich, Deutschland und Österreich. Mit Blick auf Deutschland fügte er hinzu: „Die in der Agenda 2010 zusammengefassten sozialpolitischen Maßnahmen sind ein bedeutender Schritt – allerdings ist in der Vergangenheit zu lange zu wenig passiert.“ Auch OECD-Experte Wurzel ermunterte die Bundesregierung, den Reformkurs der Agenda 2010 fortzusetzen. „Die Reformen gehen zu einem großen Teil in die richtige Richtung“, sagte Wurzel. Er forderte die Politik jedoch auf, schon bald eine Anhebung des Renteneintrittsalters anzukündigen, sowie die Regelungen der Altersteilzeit und das Ehegattensplittings zu überprüfen. Außerdem müssten die Zugangsbeschränkungen im Handwerk weiter beseitigt und Unternehmensgründungen erleichtert werden.

Ausdrücklich lobte der OECD-Fachmann die Hartz-Reformen, mit denen im nächsten Jahr Arbeitslosen- und Sozialhilfe für arbeitsfähige Langzeitarbeitslose zusammengelegt werden, als „einen wesentlichen Schritt zu mehr Beschäftigung in Deutschland“. Es sei positiv, dass künftig den rund eine Millionen arbeitsfähigen Sozialhilfeempfängern das ganze arbeitsmarktpolitische Instrumentarium der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Verfügung stehe. Wer Sozialhilfe erhält, wird derzeit von den Kommunen betreut. Bisher hätten Kommunen und BA sich gegenseitig die Verantwortung für die Arbeitslosen zugeschoben. „Das wird mit Hartz prinzipiell verhindert.“ Entscheidend sei, dass gut funktionierende Arbeitsmarktprogramme aufgelegt würden. Die Bundesregierung solle außerdem überprüfen, ob die 400-Euro-Minijobs auf Arbeitslose konzentriert werden könnten. mit HB

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