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Wirtschaft: Öger verkauft sein Lebenswerk

Thomas Cook zahlt 30 Millionen Euro für den vor 40 Jahren gegründeten Türkeireise-Spezialisten

Berlin - Vural Öger hat nach mehreren Anläufen einen Käufer für sein Reiseunternehmen Öger Tours gefunden: Europas zweitgrößter Reisekonzern Thomas Cook (Neckermann, Condor) übernimmt für rund 30 Millionen Euro das Deutschlandgeschäft des bekannten Türkeireiseveranstalters. Das teilten beide Unternehmen am Montag mit.

Öger kehrt zu seinen Wurzeln zurück: ins Türkeigeschäft. Der 68-Jährige will zusammen mit seiner Tochter Nina (36) Firmenteile, die der Familie gehören, weiterführen. Dazu zählen Öger Türk Tur – ein Flugreiseveranstalter, der sich auf Flugreisen für türkische Gastarbeiter spezialisiert hat –, die Reiseleitungsagentur Holiday Plan sowie Hotels mit rund 5000 Betten. Vural Öger wird künftig im Aufsichtsrat der Thomas Cook AG sitzen.

Der Markenname Öger Tours und der Firmensitz in Hamburg sollen erhalten bleiben. Das Unternehmen, das Öger vor mehr als 40 Jahren gründete, ist in Deutschland Marktführer für das boomende Reiseland Türkei. Im vergangenen Geschäftsjahr (bis 31. Oktober 2009) beförderte Öger Tours mehr als 400 000 Passagiere. Wie viele davon Türken sind, hat das Unternehmen nicht erfasst. Bei einem Umsatz von 256 Millionen Euro lief ein Verlust von 7,3 Millionen Euro vor Steuern auf. Teil des Kaufpreises, den Thomas Cook zahlt, ist die Übernahme von Schulden.

Öger, 1942 in Ankara als Sohn eines Generals geboren, hat als Selfmade-Unternehmer in Deutschland Erfolge gefeiert. Seine Geschäftsidee, Flüge und Reisen für türkische Gastarbeiter in ihr Heimatland anzubieten, zahlte sich aus. Ögers Interesse am Tourismus wurde schon während des Studiums geweckt, als er bei einem Berliner Studentenreisedienst jobbte. 1969 gründete der Unternehmer dann in Hamburg das Reisebüro Istanbul, das nach etlichen Turbulenzen zum Kern der heutigen Reise-Gruppe wurde. Anfang der 70er Jahre bot Ögers Unternehmen die ersten Direktflüge von Deutschland in die Türkei an. Bereits 1972 gab es dabei – aus der Not geborene – Kontakte zur Ferienfluggesellschaft Condor, die heute zu Thomas Cook gehört. Nachdem Ögers Firma in Schwierigkeiten geraten war, sprang Condor ein und beteiligte sich mit zehn Prozent. Öger kaufte den Anteil später zurück; 20 Jahre lang arbeiteten beide zusammen.

In den vergangenen Jahren zog sich Vural Öger, der 1990 die deutsche Staatsbürgerschaft annahm, zunehmend aus dem operativen Geschäft zurück und überließ Tochter Nina die Entscheidungen. Er selbst fühlte sich für die Strategie des Unternehmens verantwortlich. Und er engagierte sich in vielfältiger Weise politisch und gesellschaftlich. So gründete er eine deutsch-türkische Stiftung, trat 2002 der SPD bei und debattierte für sie von 2004 bis 2009 im Europäischen Parlament.

Nach dem vergeblichen Versuch von Öger, Ende 2008 sein Unternehmen an den russischen Milliardär Alexander Lebedew zu verkaufen, nahm er zunächst Abstand von weiteren Verkaufsplänen. Dann zeigte Thomas Cook Interesse. In einem ersten Anlauf scheiterten die Übernahmegespräche. Thomas Cook sei nach dem Abbruch der Verhandlungen aber kurzfristig wieder an Öger Tours herangetreten, berichtete Öger am Montag. In den Gesprächen habe man sich dann auf Strategie und Kaufpreis geeinigt.

„Sie können sich sicher sein, dass mir das nicht leichtgefallen ist“, sagte Öger. Es sei jedoch eine „zukunftsweisende Entscheidung für die Fortführung meines Lebenswerks“. Auch Thomas Cook zeigte sich zufrieden: „Ich freue mich, solch eine eingeführte und anerkannte Marke wie Öger Tours in die Thomas Cook Group einbringen zu können“, sagte Vorstandschef Manny Fontenla-Novoa. Thomas Cook rechnet durch den Zukauf mit Einsparungen von acht Millionen Euro im Jahr. Konkurrenten von Thomas Cook sind hierzulande vor allem Tui und die Reiseveranstalter der Rewe-Gruppe. mit dpa, rtr

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