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Wirtschaft: Ökonomen plädieren für längere Arbeitszeit

„Geeignetes Instrument zur Senkung der Lohnkosten“

Berlin (pet). Führende deutsche Ökonomen haben den Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) zur Verlängerung der Wochenarbeitszeit begrüßt. „Die Verlängerung der Wochenarbeitszeit bei gleichem Lohn ist ein geeignetes Instrument, um die Lohnkosten zu senken“, sagte Rolf Peffekoven, Direktor des Instituts für Finanzwissenschaften in Mainz und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium, dem Tagesspiegel am Sonntag. Auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, sagte: „Wir brauchen langfristig eine Diskussion um eine Verlängerung der Arbeitszeit und mehr Flexibilität.“ Kurzfristige Konjunkturimpulse seien vor dem Vorschlag nicht zu erwarten. „Konjunkturpolitisch ist das eine Schnapsidee.“

Stoiber hatte am Wochenende vorgeschlagen, die wöchentliche Arbeitszeit um bis zu drei Stunden zu verlängern. „Ich bin überzeugt, dass eine sehr große Mehrheit der Arbeitnehmer bereit ist, auch einmal zwei oder drei Stunden pro Woche länger zu arbeiten, wenn so Arbeitsplatz und Gehalt gesichert werden können“, sagte der CSUVorsitzende dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Die Menschen seien flexibler, als „viele Betonköpfe in der SPD und den Gewerkschaften glauben machen wollen“.

Der gescheiterte Metallarbeiterstreik im Osten zeige deutlich, dass den Bürgern Sicherheit wichtiger sei „als zwei oder drei Stunden mehr oder weniger Arbeit“. Stoiber betonte, man müsse die aktuelle Krise der Gewerkschaften für notwendige Reformen am Arbeitsmarkt nutzen: „Weil sich auch die Gewerkschaften programmatisch öffnen müssen, wenn sie künftig noch eine gestaltende Rolle spielen wollen, sind Zeit und Klima für Arbeitsmarktreformen so günstig wie nie.“ Die Bundesregierung forderte er auf, bis zum Ende der Sommerpause „eine mutige Liberalisierung unseres völlig überregulierten Arbeitsmarktes vorzulegen“. Alles, was Rot-Grün bisher präsentiert habe, „hat auf dem Arbeitsmarkt null bewegt“.

Der Finanzwissenschaftler Peffekoven hält viel von dem Vorschlag des CSU-Vorsitzenden. Die Verlängerung der Arbeitzeit bei gleichem Lohn bedeute de facto eine Senkung des Stundenlohns, sagte Peffekoven. Dadurch würden die Lohnkosten gesenkt, ohne dass das Einkommen des einzelnen Arbeitnehmers gesenkt werde. „Das ist wichtig, weil dadurch keine negativen Effekte für den Konsum entstehen“, sagte Peffekoven. Ob die Senkung der Lohnkosten über die Streichung eines Feiertages erreicht werde, wie vor wenigen Wochen von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) vorgeschlagen, oder über eine Verlängerung der Arbeitszeit bei gleichem Lohn, sei nur eine technische Frage.

DIW-Chef Zimmermann hält eine Arbeitszeitverlängerung langfristig für ein geeignetes Instrument, um die Konjunktur anzukurbeln, erwartet kurzfristig aber keine Impulse. Er schließt aber nicht aus, dass durch eine Verlängerung der Arbeitszeit die Produktivität steigen könnte. Wenn zu viel produziert würde, könnten die Preise fallen und dadurch die Nachfrage belebt werden, sagte Zimmermann. „Der Effekt ist aber vage.“

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