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Wirtschaft: Ökonomen sehen Eurokurs von einem Dollar

FRANKFURT (MAIN) (mo/jhw).Die Talfahrt des Euro hat sich am Donnerstag fortgesetzt.

FRANKFURT (MAIN) (mo/jhw).Die Talfahrt des Euro hat sich am Donnerstag fortgesetzt.Die Einheitswährung fiel im Devisenhandel zeitweilig auf 1,0409 Dollar, damit war die US-Devise 1,8788 DM wert.Im Verlauf erholte sich die Währung geringfügig auf 1,0424 Dollar.Am Mittwoch war der Anfang des Jahres eingeführte Euro erstmals unter die Marke von 1,05 Dollar gerutscht.Die Europäische Zentralbank (EZB) legte den Euro-Referenzkurs mit 1,0473 Dollar fest, nach 1,0535 Dollar am Vortag.

Mehrheitlich wird inzwischen auch ein Kurs von 1:1 zum Dollar nicht ausgeschlossen.Viele Händler kritisierten die Zurückhaltung der Europäischen Zentralbank am internationalen Devisenmarkt.Die Märkte werteten das als Verkaufssignal, hieß es.Ein Sprecher des EU-Währungskommissars Yves-Thibault de Silguy betonte, man solle den Wertverlust nicht dramatisieren.Auch der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, bezeichnete die jüngste Aufregung an den Finanzmärkten im Info-Radio Berlin-Brandenburg als "ziemlich überzogen".Er bezog sich damit auf die Interpretation diverser Analysten, die das Zugeständnis der EU-Finanzminister an die Italiener, das selbst gesetzte Haushaltsdefizit von zwei Prozent im laufenden Jahr zu erhöhen, bereits als Riß im Stabilitätspakt werteten.

Walter sagte am Donnerstag, er selbst werde Euro kaufen und sich vom US-Dollar "verabschieden".Jedoch würden sich auf kurze Sicht die Tendenzen, die zur Schwäche des Euro geführt haben, nicht überwinden lassen.Für den Euro gebe es erst eine Stabilisierung, wenn der Kosovo-Krieg zu Ende gehe und in Frankreich, Italien und Deutschland endlich Schritte zur Lösung der großen wirtschaftlichen Probleme unternommen würden.Gegenüber dem Tagesspiegel wies Walter auf die Gefahr hin, daß das Geschehen an den Devisenmärkten eine gefährliche Eigendynamik entwickeln könne.Walter: "Nicht das Niveau ist das Problem und auch nicht die Bewegung, wohl aber die Vorstellung der Marktteilnehmer, daß der Euro nicht die richtige Anlagewährung sei." In der Folge seien kräftigere Einbrüche am Aktienmarkt nicht auszuschließen, was die Kapitalkosten der Investoren weiter verteuern würde.Es sei nicht auszuschließen, daß es beim Euro auch ein 1:1 Verhältnis zum Dollar geben werde, auch wenn dies nicht sehr wahrscheinlich sei.

Der Leiter der Abteilung Konjunkturanalyse der Dresdner Bank, Rolf Schneider, erwartet in diesem Fall keine Probleme für die Volkswirtschaften.Vielmehr verweist er auf die damit verbundenen Impulse für die Exportwirtschaft.Gefahren einer wechselkursbedingten Inflation durch den Import teurerer Güter sieht Schneider nicht.Am Rande einer Tagung der Herbert-Giersch-Stiftung am Donnerstag bei Magdeburg erklärte der ehemalige Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Giersch: "Der Euro war von Anfang an überbewertet.Ein Kurs von 1:1 wäre gar nicht so schlecht, denn die US-Wirtschaft steht besser da als die europäische Wirtschaft.Ich möchte die europäische Wirtschaft nicht überschätzt wissen.Dazu ist sie zu wenig flexibel." Helmut Hesse, Professor an der Uni Göttingen sagte: "Das Mißtrauen gegenüber dem Euro ist geblieben.Die Märkte haben den Eindruck die Europäische Zentralbank sei nicht als Nachfolgerin der Bundesbank die Hüterin der Währung." Und Manfred Neumann, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates des Bundeswirtschaftsministeriums, meinte: "Wenn die EZB weiter so wild die Zinsen senkt, sind wir Ende des Jahres bei 1:1."

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