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Wirtschaft: Ökonomen verlangen Zinssenkung

BERLIN (Tsp/rtr).Vor der heutigen Sitzung des Zentralbankrates hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erneut vor der Gefahr einer Deflation gewarnt und der Bundesbank empfohlen, die kurzfristigen Zinsen zu senken.

BERLIN (Tsp/rtr).Vor der heutigen Sitzung des Zentralbankrates hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erneut vor der Gefahr einer Deflation gewarnt und der Bundesbank empfohlen, die kurzfristigen Zinsen zu senken.Das Institut verweist auf die stabile Preisentwicklung, die weltweit sinkende Kapitalnachfrage und die nach wie vor schwache Binnennachfrage.Der Versuch der deutschen Wirtschaftspolitik, Wachstum und Beschäftigung fast ausschließlich über Exporterfolge zu erreichen, drohe angesichts der Krisen zu scheitern.Die Bedeutung der Binnennachfrage sei völlig unterschätzt worden.

Ihre Forderung nach niedrigeren Zinsen begründen die Berliner mit der schwachen Binnennachfrage und der zurückhaltenden Investitionstätigkeit.Niedrigere kurzfristige Zinsen sollen hier Abhilfe schaffen und die Gefahren einer Deflation eindämmen.Bei einer Deflation übersteigt das gesamtwirtschaftliche Angebot die Nachfrage.In der Folge sinken die Preise, werden Einkommen, Gewinne und Investitionen beeinträchtigt, was wiederum den Arbeitsmarkt belastet.Die Leitzinsen wurden seit Mitte April 1996 nicht mehr verändert.Der Diskontsatz beträgt 2,5 Prozent, der Lombarsatz 4,5 Prozent.Der sogenannte dritte Leitzins, der Zinssatz für Wertpapier-Pensionsgeschäfte, beträgt seit Oktober 1997 3,3 Prozent.War bislang darüber spekuliert worden, daß die Bundesbank noch vor Einführung des Euro am 1.Januar 1999 diesen Zins aus Konvergenzgründen erhöhen könnte, gehen die Meinungen unter den Volkswirten inzwischen auseinander.

Das DIW, das strikt für niedrige Zinsen plädiert, verweist - erstens - auf die aktuelle Entwicklung der Preise.Die Teuerungsrate sei mit geschätzten 0,7 Prozent im August so niedrig wie seit fast elf Jahren nicht mehr.Ohne Berücksichtigung der im April erhöhten Mehrwertsteuer sind die Preise sogar bereits gesunken.Insbesondere die niedrigen Lohnabschlüsse hätten zu der aktuellen Entwicklung beigetragen.Als zweiten entscheidenden Grund für ihre Zinsempfehlung nennen die Wirtschaftsforscher die Entwicklung am internationalen Kapitalmarkt.Weltweit, heißt es, würden die Zinsen bereits sinken, weil die Nachfrage bedingt durch den wirtschaftlichen Einbruch in Asien und Osteuropa zurückgehe.Diese Abschwächung verlange nach einer Zinssenkung am kurzen Ende, fordert das DIW.

Nicht zuletzt empfehle sich - drittens - angesichts einer anhaltenden wirtschaftlichen Schwäche in Deutschland eine Rücknahme der kurzfristigen Zinsen.Anders als die Bundesregierung, die für 1998 ein reales Wachstum von drei Prozent erwartet, rechnet das DIW mit nur 2,5 Prozent; vorausgesetzt, die internationale Wirtschaftslage wird nicht noch schlechter.

Mit Hilfe der extrem niedrigen Lohnabschlüsse sei in Deutschland eine reale Abwertung der D-Mark herbeigeführt worden, die dem Export zugute gekommen sei, aber dem privaten Verbrauch und der Investitionstätigkeit schade, schreibt das DIW.Daraus resultierten Wachstumsverluste, die durch einschlägige Exporterfolge nicht ausgeglichen werden könnten.Ohne eine Rückkehr zu einer produktivitätsorientierten Lohnpolitik, fürchten die Forscher überdies, würde auch das Europäische Währungssystem (EWS) beeinträchtigt.Eine solche Politik in einem Europa ohne Wechselkurse könne nur in Deflation und wirtschaftlicher Abwärtsspiratle enden.

Der SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine, der im Falle eins Wahlsiegs der SPD für den Posten des Bundesfinanzministers zur Verfügung steht, hat sich unterdessen für ein neues Weltwährungssystem mit stabilen Wechselkursen zwischen Dollar, japanischem Yen und Euro ausgesprochen.In der Zeitung "Die Woche" sprach er sich für einen Ordnungsrahmen für die Weltfinanzmärkte nach dem Vorbild des EWS aus.

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