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Wirtschaft: Öl-Angst drückt die Konjunkturhoffnungen

US-Leichtöl ist so teuer wie seit 21 Jahren nicht mehr. Die Börsen reagieren verunsichert, die Risiken für den Aufschwung wachsen

Berlin - Die jüngste Warnung der US-Regierung vor Anschlägen in den USA hat am Montag den Ölpreis auf ein neues Rekordhoch steigen lassen und die Börsenkurse in Deutschland belastet. Der Deutsche Aktienindex (Dax) verlor 0,84 Prozent auf 3862 Punkte. Die Anleger an der Wall Street haben die Warnungen am Montag jedoch beiseite geschoben und nach positiven US-Wirtschaftsdaten wieder Aktien gekauft. Die Börsen in New York schlossen nach anfänglichen Kursverlusten leicht im Plus.

Die Ölkontrakte für US-Leichtöl haben in der Nacht zum Montag mit 43,88 Dollar pro Barrel (knapp 159 Liter) den höchsten Stand seit 21 Jahren erreicht. Der Preis für ein Barrel Öl der Nordseesorte Brent zur Lieferung im September lag am Montagabend bei 39,88 Dollar. Opec-Öl kostete in der vergangenen Woche durchschnittlich 37,40 Dollar nach 36,56 Dollar in der Vorwoche, wie die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) am Montag in Wien mitteilte. US-Heimatschutzminister Tom Ridge hatte am Sonntag vor Anschlägen des Extremisten-Netzwerks Al-Qaida in den USA gewarnt. Als mögliche Ziele nannte er unter anderem die New Yorker Börse sowie den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Weltbank in Washington.

Ein hoher Ölpreis kann die Erholung der Weltwirtschaft gefährden, da er die Produktion in vielen Industriebereichen verteuert und die Nachfrage hemmt. Konjunkturexperten sahen am Montag noch keine akute Gefahr für das Wirtschaftswachstum. Allerdings könne der Aufschwung gebremst werden, wenn der Ölpreis in den kommenden Monaten weiterhin auf dem jetzigen Niveau bleibe. „Dann müssen wir damit rechnen, dass das Wachstum 2005 um 0,7 Prozentpunkte niedriger ausfällt“, sagte Holger Schmieding, Chefvolkswirt bei der Bank of America, dem Tagesspiegel. Er rechne jedoch damit, dass sich der Preis im kommenden halben Jahr um zehn Dollar verbillige.

Der Ölpreis ist derzeit so hoch, weil mehrere Faktoren zusammenkommen: Neben den Terrordrohungen sind das die Angst vor Lieferunterbrechungen in Venezuela und Nigeria sowie die Probleme des russischen Ölkonzerns Jukos. Marktbeobachter befürchten, dass Jukos seine Ölförderung von 1,7 Millionen Barrel täglich einstellen könne. Das russische Finanzministerium hat am Montag wegen möglicher weiterer Steuernachzahlungen neue Ermittlungen gegen Jukos eingeleitet. Auch hat der Irak noch nicht seine übliche Lieferkapazität erreicht. Diese ganzen Faktoren „verzerren“ den Ölpreis momentan besonders stark, sagte Ulrich Ramm, Chefvolkswirt der Commerzbank, dem Tagesspiegel. Deshalb müsse man „nicht dauerhaft“ mit einem so hohen Ölpreis rechnen. Reinhard Kudiß, Konjunkturexperte beim BDI, rechnet ebenfalls eher mit einer Beruhigung der Preise, vor allem dann wenn die Opec wie angekündigt ihre Förderung erhöht.

Die Automobilindustrie beobachtet die hohen Ölpreise jedoch mit Sorge. „Die Kombination aus Ölpreisanstieg und Ökosteuer bremst die Autokonjunktur weiter aus“, sagte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernd Gottschalk. Auch aus Sicht des Verbands der Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) drücken die hohen Ölpreise auf die Konjunktur der Branche. Die deutsche Exportwirtschaft dagegen sieht im hohen Ölpreis wegen der robusten Weltwirtschaft vorerst keine Gefahr für Konjunktur und Welthandel. „Wir glauben nicht, dass wir deshalb für dieses und das nächste Jahr mit großen Enttäuschungen rechnen müssen“, sagte der Präsident des Bundesverbands des Deutschen Groß- und Außenhandels, Anton Börner.

Unterdessen stiegen die Benzinpreise im Juli auf den zweithöchsten Stand aller Zeiten. Superbenzin kostete im Schnitt 117,4 Cent und damit 2,4 Cent mehr als im Juni. Diesel verteuerte sich um 1,8 auf 94,1 Cent. Mit fo,dpa

Flora Wisdorff

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