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Wirtschaft: Ölaktien profitieren von hohem Ölpreis

Die Spekulationen der meisten Experten sind nicht aufgegangen: der Rohstoff wird erst im Frühjahr billiger

Berlin (hop). Für die Ölkonzerne sieht es wieder gut aus. Der Preisverfall, den alle Experten seit dem Ende des Irakkriegs erwarten, ist bisher ausgeblieben. Und seit vier Wochen geht es mit den Notierungen für den Rohstoff aufwärts. Ein Barrel (159 Liter) Nordseeöl der Sorte Brent kostet rund 30 Dollar – fast so viel wie vor dem Irakkrieg. Am Montag veröffentlichte die russische Yukos ihre jüngsten Geschäftszahlen. Dank der hohen Ölpreise steigerte das Unternehmen seinen Gewinn im ersten Halbjahr 2003 um 80 Prozent. Ähnlich gute Zahlen werden auch für andere Konzerne erwartet. Im Vergleich dazu haben sich ihre Aktienkurse in den vergangenen Monaten schlecht entwickelt.

„Alle haben seit mehr als einem Jahr auf fallende Ölpreise gesetzt, aber jetzt hat ein Umdenken begonnen“, sagt Harald Feldhoff, Analyst bei der WGZBank. Denn Öl wird sehr wahrscheinlich wenigstens in den kommenden Monaten relativ teuer bleiben. Der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) verweist in seinem jüngsten Branchenbrief auf niedrige Lagerbestände in den Industriestaaten und eine noch geringe Exportmenge aus dem Irak. Außerdem hat die Organsation Erdöl exportierender Länder (Opec) für November eine Verringerung der Förderung beschlossen. Und der Hauptgegenspieler der Opec, Russland, exportiert im Winter traditionell weniger Öl, weil die Heimatnachfrage zunimmt und der Transport durch Schnee und Eis behindert wird.

Dennis Nacken, Analyst bei Helaba Trust, geht daher für die Winterzeit von einem Preisniveau von etwa 28 Dollar je Barrel Öl aus. Feldhoff von der WGZ-Bank hält sogar bis zu 33 Dollar für möglich, „wenn es ein richtig strenger Winter wird.“ Und auch Klaus Schrüfer, Chefanlagestratege der SEB, erwartet: „Der Ölpreis dürfte vorerst höher bleiben, als noch vor kurzem angenommen.“ Nach dem Winter dürfte Russland aber wieder verstärkt Öl exportieren. Und auch für andere Ländern wird eine Ausweitung der Produktion erwartet. WGZ-Bank-Analyst rechnet deshalb für das kommende Jahr mit einem Ölpreis von 23 bis 25 Dollar.

Von dem hohen Ölpreis profitieren letztlich alle Konzerne, sagt Nacken von Helaba Trust. Für die nächsten sechs Monate sei er deshalb für die Ölbranche „positiv gestimmt“. Vor allem haben Ölaktien aus seiner Sicht einen hohen Nachholbedarf. Seit dem Irakkrieg hätten sie sich im Vergleich zum Gesamtmarkt schwach entwickelt. „Jetzt dürfte sich aber ein Boden gebildet haben. Die Werte dürften sich besser entwickeln als der Gesamtmarkt“, schätzt Nacken. Eine Gefahr sieht er jedoch: Angesichts der anziehenden Konjunktur könnten Anleger sich wieder vor allem auf High-Tech-Werte stürzen und Ölaktien, die als defensiv gelten, vernachlässigen. Dabei seien sie zurzeit relativ billig, zumal in den Kursen bereits fallende Ölpreise im kommenden Jahr berücksichtigt seien.

Größter Favorit der Analysten ist die Aktie des französischen Ölkonzerns Total. „Die haben bisher gehalten, was sie versprochen haben“, sagt WGZ-Bank-Analyst Feldhoff. Total habe sehr gute Wachstumsaussichten. Außerdem wolle der Konzern in diesem und im kommenden Jahr die Rendite steigern. Auch Nacken von Helaba Trust lobt Total. „Der Konzern ist sehr gut aufgestellt und ist weniger anfällig bei sinkenden Ölpreisen.“ Die Gebiete, in denen gefördert wird, seien geografisch gut gefächert. Außerdem weise Total ein relativ hohes Produktionswachstum auf. Während der Konzern seine Förderung im kommenden Jahr um etwa fünf Prozent ausweiten werde, liege der Branchendurchschnitt bei nur zwei bis drei Prozent.

Als besonders aussichtsreich bewertet die SEB daneben die Aktie der britisch-niederländischen Royal Dutch Shell. Das Papier notiert zurzeit bei 40 Euro, das Kursziel der SEB liegt bei 54 Euro. Anlagestratege Schrüfer führt als Begründung neben dem hohen Ölpreis auch die vergleichsweise geringe Verschuldung an. Nacken von Helaba Trust wiederum bewertet positiv, dass Shell auch stark im Gasgeschäft engagiert ist. Bei Gas wird allgemein in den kommenden Jahren mit einer höheren Nachfrage gerechnet. Doch Feldhoff von der WGZ-Bank rät zur Zurückhaltung: „Royal Dutch Shell ist noch zu schwerfällig.“

Unsicher sind sich die Experten bei der Bewertung der britischen BP. Die hat ein milliardenschweres Joint-Venture in Russland geschlossen. „Das bietet interessante Chancen“, sagt Nacken von Helaba Trust. Aber die Risiken seien schwer einzuschätzen. „Die Rendite bei dem Joint-Venture ist nicht ganz klar“, sagt Analyst Feldhoff.

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