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Ungewohnter Anblick: Ein Liter Diesel war zuletzt für unter einen Euro zu haben.

© dpa

Ölpreise auf Sinkflug: Volltanken für 50 Euro

Benzin und Diesel sind so günstig wie lange nicht. Während sich die Verbraucher freuen, profitiert die Exportwirtschaft nicht.

Autofahrer müssen in diesen Tagen bei der Fahrt an die Tankstelle vor allem zwei Dinge mitbringen: Geduld und wenig Geld. Denn immer häufiger bilden sich angesichts niedriger Ölpreise lange Schlangen vor den Zapfsäulen. An manchen Tankstellen kostet der Liter Diesel mittlerweile nur noch einen Euro – und ist damit so günstig wie seit 2010 nicht mehr. Zudem deutet derzeit nichts darauf hin, dass sich mittelfristig daran etwas ändern könnte – im Gegenteil.

Nachdem die Organisation der Erdöl exportierender Länder (Opec) am Freitag entschieden hatte, ihre Öl-Förderquote weder zu drosseln noch zu deckeln, war der Preis wichtiger Ölsorten auf neue Tiefstände gesackt. In London fiel der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent am Dienstag erstmals seit Februar 2009 unter die 40-Dollar-Marke und notierte bei 39,81 Dollar. In New York wurde ein Fass der US-Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Januar zum Preis von 36,78 Dollar gehandelt.

Opec ändert die Strategie

Das Kartell hatte bereits vor einem Jahr angeführt vom Mitgliedsstaat Saudi-Arabien seine Strategie geändert: Anstatt wie in vorangegangenen Jahren mit Förderkürzungen niedrige Preise wieder nach oben zu treiben, hatte es verhältnismäßig viel Öl in den Markt gepumpt. Die Opec will damit Marktanteile vor allem gegen Schieferöl-Produzenten in den USA verteidigen. Mit der Fracking-Methode hatten US-Produzenten zuletzt neue Förderquellen erschlossen. Analysten von Goldman Sachs glauben daher, dass der Preisverfall sich noch fortsetzen wird. Im kommenden Jahr könnte der Preis für ein Barrel Öl gar unter die Marke von 20 Dollar fallen, heißt es in einer aktuellen Studie des Bankhauses.

Während Öl-Staaten wie Iran oder Venezuela die Entwicklung zu schaffen macht, stehen die Profiteure des Preisverfalls bereits fest: die deutschen Verbraucher. Die Tankrechnung falle 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 10,5 Milliarden Euro niedriger aus, erklärte der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) am Mittwoch. Demnach wurden in diesem Jahr 2,9 Milliarden Euro beim Tanken von Benzin eingespart und 7,6 Milliarden Euro an den Diesel-Zapfsäulen. Die Tankstellen hätten die gesunkenen Einkaufspreise für Benzin und Diesel und damit die niedrigen Ölpreise „eins zu eins an die Verbraucher weitergegeben“, erklärte MWV-Hauptgeschäftsführer Christian Küchen. Im bisherigen Jahresverlauf sei der Benzinpreis im Bundesdurchschnitt im Vergleich zu 2014 von 1,48 Euro je Liter auf 1,36 Euro gesunken; der Dieselpreis von 1,34 Euro auf 1,17 Euro pro Liter.

Auch Heizen wird deutlich billiger

Doch nicht nur beim Autofahren, auch beim Heizen macht sich der Preisverfall mittlerweile deutlich bemerkbar. Binnen der letzten zwei Wochen seien die Heizölpreise um rund zehn Prozent gefallen, berichtete das Vergleichsportal des Öltechnikunternehmens Tecson am Mittwoch. „Im Norden Deutschlands haben die Heizölpreise die 50-Cent-Marke durchweg klar unterschritten, während sie im Süden und Südosten Deutschlands vielerorts nun ebenfalls unter diese Schwellenmarke abrutschen.“ Im Schnitt liege der Preis für Heizöl aktuell bei 48,8 Cent pro Liter.

Auch für die deutsche Exportwirtschaft sind die niedrigen Energiepreise grundsätzlich gute Nachrichten – zumindest theoretisch. Denn wenn die Industrie günstiger produzieren kann, fällt auch die Suche nach Abnehmern im Ausland einfacher. Diese Rechnung allerdings geht derzeit nicht auf: Weil Schwellenländer wie China mit einem mauen Wirtschaftswachstum zu kämpfen haben, müssen auch die deutschen Exporteure Abstriche machen. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte, stiegen die deutschen Ausfuhren im Oktober zwar gegenüber dem Vorjahr um 3,3 Prozent auf 106,2 Milliarden Euro. Dieses Plus wurde aber vornehmlich vom Handel mit den anderen EU-Staaten getragen (Plus 6,4 Prozent). Die Ausfuhren in Drittländer sanken hingegen leicht. „Die Außenhandelszahlen für Oktober sprechen eine deutliche Sprache“, kommentierte Anton F. Börner, Präsident des Außenhandelsverbands BGA, die Entwicklung. „Auch wenn der billige Euro und die Niedrigpreise für Öl derzeit gute Bedingungen für die deutsche Wirtschaft schaffen, hilft dies doch nicht über die fehlende Nachfrage in den Zielländern wie China hinweg.“

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