zum Hauptinhalt

Wirtschaft: ÖTV-Vorstand entscheidet über die Zukunft von Verdi

Matrix-Struktur lautet das Zauberwort, mit dem der neue Gewerkschaftsgigant Verdi Schlagkraft bekommen soll. An der Matrix-Struktur aber könnte die Gründung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft scheitern, zu der sich ÖTV, HBV, DPG, IG Medien und DAG zusammenschließen wollen.

Matrix-Struktur lautet das Zauberwort, mit dem der neue Gewerkschaftsgigant Verdi Schlagkraft bekommen soll. An der Matrix-Struktur aber könnte die Gründung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft scheitern, zu der sich ÖTV, HBV, DPG, IG Medien und DAG zusammenschließen wollen. Am Mittwoch entscheidet der Hauptvorstand der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, ob die ÖTV den Fusionsprozess weiter geht oder ob sie aussteigt. Letzteres wäre das Ende des ehrgeizigen Projekts. "Wenn Verdi scheitert, dann nimmt die Gewerkschaftsbewegung schweren Schaden", warnt Klaus-Dieter Schwettscher-Fink, persönlicher Referent des DAG-Vorsitzenden Roland Issen. In dem Konflikt geht es um Macht und Geld. Die Matrix-Struktur sieht vor, dass Verdi zum einen in Landesbezirke und Bezirke organisiert wird. Für die rund 1000 Berufsgruppen sollen parallel 13 Fachbereiche gebildet werden, die die Branchen vertreten. Naturgemäß will die ÖTV, mit rund 1,5 Millionen Mitgliedern größte Gewerkschaft der fünf Kandidaten, ihre Präsenz in der Fläche aufrechterhalten. Dazu will sie die Bezirke gestärkt und in Kompetenz und Budget über den Fachbereichen gestellt wissen. Die anderen Gewerkschaften wollen dagegen die Fachbereiche stärken, um ihre Stellung zu wahren und den Einfluss der ÖTV zu begrenzen.

Schwettscher-Fink etwa betont, die DAG habe in Verdi keine originäre Hausmacht. Weil die DAG die Angestellten vieler Branchen vertritt, wird ihre Struktur in Verdi auf die Fachbereiche verteilt. Entsprechend müssten die Strukturen in Verdi gestaltet sein, Strukturen, "die die Voraussetzung dafür schaffen, dass die Sachfragen über die Machtfragen gestellt werden". In der ÖTV dagegen fürchten viele Funktionäre um ihre Jobs, wenn die Bezirke zusammengestrichen werden. Die Verdi-Gründungsorganisation hat nun einen Kompromiss vorgelegt. Der sieht vor, dass ein Bezirk durchschnittlich 25 000 Mitglieder haben soll. Dies läuft auf bundesweit rund 120 Bezirke hinaus, die ÖTV müsste sich also von gut 40 Kreisen trennen. Ihr Vorsitzender Herbert Mai hat bereits betont: "Viel mehr Spielraum sehe ich nicht." Ein Hindernis könnte dabei aber sein, dass etwa die HBV darauf dringt, dass in einem Bezirk mindestens die Hälfte aller Fachbereiche vertreten sind, was die Einheiten vergrößern könnte. Beim Verhältnis zwischen Bezirk und Fachbereich sieht der Beschluss vor, dass die Bezirksvorstände ein Gesamtbudget verantworten, zu dem formal auch die Mittel der Fachbereiche gehören. Faktisch aber bekommt der Fachbereich sein Geld von der Landesebene zugewiesen, ist also vom Bezirksvorstand unabhängig.

"Es gibt kein Nachverhandeln"

DAG-Mann Schwettscher-Fink sieht mit dem Beschluss "den Knoten durchgeschlagen". Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Postgewerkschaft, Michael Sommer, betont: "Es gibt kein Nachverhandeln." Auch die IG Medien kann mit dem Beschluss leben. Ein Trend zeichnete sich bei der Befragung der ÖTV-Kreise bis zum Montag noch nicht ab, wenngleich aber damit gerechnet wird, dass eine Mehrheit der 76 Mitglieder im ÖTV-Hauptvorstand Verdi die Stange hält. Als Verdi-Gegner gelten der größte Landesverband NRW II und Bayern. Dennoch wird mit einem Votum für die Fortsetzung der Gespräche gerechnet. Am Ende, im Frühjahr nächsten Jahres, müsste dann auch die ÖTV auf dem Verdi-Gründungskongress ihre Selbstauflösung beschließen. Dafür sind bei der ÖTV 80 Prozent der Delegierten-Stimmen erforderlich. Und davon ist die Gewerkschaft weit entfernt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false