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Ungleiches Spiel. Amerikanische Ölfirmen müssen künftig alle Zahlungen an staatliche Stellen veröffentlichen. Arabische Firmen geben oft nicht mal einen Geschäftsbericht heraus.Foto: dapd

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Wirtschaft: Offenheit beginnt bei 100 000 Dollar

US-Firmen müssen Ölzahlungen offenlegen.

New York – Es war ein eindringlicher Appell, den der ehemalige libysche Ölarbeiter Najwa al Beshti an eine Schar Beamte in Washington richtete. Er beschrieb in einem Gastbeitrag für die „New York Times“, wie er zu Zeiten des Regimes von Muammar al Gaddafi hautnah miterlebte, dass sich die Mächtigen schamlos an den Ölmillionen bedienten, die eigentlich dem Volk gehörten. Als er den Mund aufgemacht habe, sei er mit dem Tode bedroht worden. „Amerika kann helfen, dass eine derartige Korruption nicht wieder passiert“, mahnte der Libyer, der die Wirren des Umsturzes überlebte.

Sein Gastbeitrag erschien wenige Tage bevor die US-Börsenaufsicht SEC über ein Regelwerk zu entscheiden hatte, welches die Geldströme bei der Förderung von Bodenschätzen transparenter machen soll: der sogenannte Abschnitt 1504 des Dodd-Frank Act. Die SEC sagte Ja und setzte das Regelwerk damit in Kraft.

Der Kern: Unternehmen müssen in ihrem Geschäftsbericht künftig alle Zahlungen an staatliche Stellen veröffentlichen, sofern diese über 100 000 Dollar hinausgehen. Das gilt etwa für den Kauf von Förderrechten auf Öl- oder Gasfeldern oder von Abbaurechten bei Metallen und Mineralien. Die Idee dahinter: Wenn die Zahlungen bekannt sind, kann das Geld nicht mehr so einfach in den Regierungsapparaten etwa der rohstoffreichen afrikanischen Staaten versickern. „Transparenz ist die beste Impfung gegen Korruption“, erklärte Bono, Sänger der Rockband U2 und Mitgründer der Organisation One, die sich die Bekämpfung von Armut, Hungersnöten und Krankheiten auf die Fahnen geschrieben hat.

Den betroffenen Konzernen dagegen schmecken die neuen Vorschriften nicht. „US-Unternehmen könnten Geschäfte verlieren, Jobs in den USA womöglich gar nicht erst entstehen, und der Regierung könnten Steuern entgehen“, warnte John Felmy, der Chefökonom des American Petroleum Institute. Dem Lobbyverband der Öl- und Gasindustrie gehören die großen Namen der Branche an, von ExxonMobil bis Chevron. Ausländische Konkurrenten erhalten ihrer Meinung nach zu tiefe Einblicke in Firmeninterna und nutzen das Wissen beim Kampf um Aufträge.

In der Tat ist es ein Spiel mit ungleichen Spielregeln: Staatsfirmen etwa aus dem arabischen Raum legen oft gar keine Geschäftsberichte vor. In Deutschland wiederum sind Bemühungen um eine höhere Transparenz ins Stocken geraten. „Eine verantwortungsbewusste Politik sollte dazu beitragen, dass die großen Rohstoffreichtümer Afrikas tatsächlich das Leben seiner Bevölkerung verbessern“, erklärte Sergius Seebohm von der Kampagne One in Deutschland. Im federführenden Bundesjustizministerium sowie beim Industrieverband BDI hieß es am Donnerstag, die SEC-Bestimmungen würden zunächst geprüft. dpa

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