zum Hauptinhalt
Zu Gast bei Monoqui. Das Unternehmen verkauft außergewöhnliche Designerprodukte aus der ganzen Welt.

© VBKI

Old trifft New Economy: Die Industrie entdeckt die Start-ups

Der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller geht auf Erkundungstour in die Internet-Wirtschaft. Es sollen neue Investoren für die jungen Unternehmen gefunden werden. Unterstützung gibt es auch von Wirtschaftsenatorin Sybille von Obernitz.

Es herrscht viel Skepsis. In allen Medien wird über die blühende Start-up-Szene berichtet, vor allem über die vielen Internet-Unternehmen, die derzeit in Berlin entstehen. Die Vertreter der Old Economy, der alteingesessenen Unternehmen, erinnern sich aber noch allzu gut an die Euphorie des Jahres 2000 und das Platzen der Internet-Blase kurze Zeit später. Doch seither hat sich viel getan, was allerdings noch nicht überall bekannt ist. Der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) will das ändern: „Wir haben etliche Berliner Investoren der Old Economy eingeladen, einige Unternehmen der Start-up-Szene kennenzulernen und zu erfahren, was für eine Bereicherung sie für die Wirtschaft der Stadt sind“, sagt VBKI-Präsident Markus Voigt im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Unsere Idee ist, dass Berliner Kapital zu Berliner Unternehmen findet.“

So hat der VBKI am Montag rund 20 potenzielle Investoren aus seinem Mitgliederkreis zu einer Entdeckungsreise durch die Start-up-Szene der Hauptstadt eingeladen. Mit dabei war auch Berlins Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz. Auf ihrer Reise lernten die Unternehmer der Old Economy sechs aufstrebende Internet-Unternehmen kennen. Ziel war es, den Kaufleuten und Industriellen Beteiligungsmöglichkeiten in der digitalen Wirtschaft aufzuzeigen.

„Es ist viel passiert, was in der klassischen Industrie nicht wahrgenommen wird“, meint VBKI-Präsident Voigt. „Wir wollten zeigen, welche Substanz hinter den jungen Unternehmen steckt und wie viele Arbeitsplätze bereits entstanden sind.“ Das scheint gelungen zu sein: „Unsere Mitglieder waren beeindruckt von der Ausbildung und der Kompetenz, mit denen die jungen Unternehmen aufwarten konnten“, sagt Voigt. „Bisher wurden die jungen Leute meist unterschätzt.“

Vorgestellt haben sich unter anderem der Design-Shopping-Club Monoqi, der Musikfernsehsender Tape.tv, das Werbenetzwerk Madvertise und die Bildbearbeitungsplattform Amazine. Wer auf Seiten der Kaufleute und Industriellen teilnahm, sagt Voigt nicht. „Das Kapital ist sehr scheu“, erklärt er und verrät immerhin: „Zwei Investoren haben mich bereits angerufen und gesagt, dass sie jeweils eine siebenstellige Summe investieren wollen.“ Der VBKI will dabei eine Art Brückenbauer sein zwischen alter und neuer Ökonomie.

„Wir wollten klarmachen, dass Risikokapital nichts Böses ist“

Auf Erkundungstour in der Start-up-Szene: VBKI-Präsident Markus Voigt und Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz.
Auf Erkundungstour in der Start-up-Szene: VBKI-Präsident Markus Voigt und Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz.

© VBKI

Nach Meinung des VBKI-Präsidenten fehlen den jungen Unternehmen noch Investoren und Kapital. Daher waren auf der Entdeckungsreise am Dienstag auch Ciarán O’Leary vom Risikokapitalgeber Earlybird, der erfahrene Investor Christophe Maire und Vertreter der IBB Beteiligungsgesellschaft dabei, um zu erklären, wie die Finanzierungsphasen eines Start-ups ablaufen. „Wir wollten klarmachen, dass Risikokapital nichts Böses ist“, sagt Voigt. „Je mehr davon in Berlin präsent ist, um so besser für die Stadt.“ Daher veranstalten der VBKI, die Weberbank und der Tagesspiegel im November einen eintägigen Kongress zur Risikofinanzierung.

Auch Wirtschaftssenatorin Obernitz wirbt um Investoren: „Wir wollen das produktive Klima für Start-ups in Berlin fördern und zugleich Unterstützung leisten, damit die Gründungen zum Wohle Berlins auch nachhaltig sind."Berlin habe eine Reihe effektiver Instrumente zur Förderung junger Unternehmen vom Businessplan-Wettbewerb über Gründerberatung an Hochschulen bis zu vielfältigen Finanzierungsangeboten etwa durch die Investitionsbank Berlin. „Wir werben dafür, dass die so unterstützten Start-ups auch in den Fokus weiterer verlässlicher Investoren rücken“, sagte sie.

Markus Voigt zieht eine positive Bilanz der Entdeckungsreise. „Wir sind auf große Offenheit bei den potenziellen Investoren gestoßen“, sagt er. Natürlich habe das auch damit zu tun, dass die Kaufleute und Industriellen in der Finanzkrise nach alternativen Anlagemöglichkeiten suchen. „Und bei Start-ups“, meint Voigt, „stimmt die Proportion zwischen Großem Risiko und großer Chance.“

Die Start-ups sehen das gestiegene Interesse positiv: Wenn die Politik Standortmarketing für die Stadt betreibe, sei das für sein Unternehmen enorm wichtig, sagt Carsten Frien von Madvertise. Schließlich sei er auf Fachleute aus aller Welt angewiesen. Die mittlerweile 85 Mitarbeiter von Madvertise kommen aus 17 Nationen. Auch Conrad Fritzsch von Tape.tv sagt, er sei voller Hoffnung. „Anders als bisher ist die Politik daran interessiert, etwas zu bewegen“, sagt er. „Ich habe das Gefühl, dass da ein großes Wollen ist, etwas zu erreichen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false