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Wirtschaft: Olivetti, der neue Eigentümer, will die profitable Mobilfunktochter Tim von der Mutter trennen

Roberto Colaninno gibt sich gerne als trockener, unterkühlter Managertyp. Doch am Mittwochmorgen in Mailand war der Chef von Olivetti und neue Herrscher über Telecom Italia (TI) kaum wiederzuerkennen.

Roberto Colaninno gibt sich gerne als trockener, unterkühlter Managertyp. Doch am Mittwochmorgen in Mailand war der Chef von Olivetti und neue Herrscher über Telecom Italia (TI) kaum wiederzuerkennen. Attribute wie "enthusiastisch" und "fantastisch" sprudelten aus ihm heraus, als er das neue Internet-Programm des ehemaligen Staatsmonopolisten anpries, das die Olivetti-Ära bei TI einläutet. Im kommenden Jahr will er den Internet-Umsatz von TI verdoppeln - allerdings geht es dabei um einen Zielwert von immer noch bescheidenen 165 Millionen Euro.

Colaninno versuchte offenbar zu überspielen, dass ihm die Mailänder Börsianer am gleichen Morgen eine schallende Ohrfeige verpasst hatten. Mit einem beispiellosen Einbruch der Notierungen - Olivetti minus acht Prozent, die Tochter Tecnost minus 15 Prozent, Telecom Italia minus neun Prozent, Tim minus 4,5 Prozent - hatten die Anleger den Umstrukturierungsplan für den Telekommunikationskonzern quittiert, den Colaninno am Vorabend vorgestellt hatte. Der Handel mit Tecnost- und TI-Aktien wurde mehrfach ausgesetzt.

Colaninno ist von seinem ursprünglichen Plan abgerückt, die noch zu 70 Prozent kontrollierte Tochter Tecnost mit TI zu fusionieren und damit die Schulden von 14,9 Milliarden Euro auf TI abzuwälzen. Statt dessen will er die bisher von TI zu 60 Prozent kontrollierte profitable Mobilfunktochter Telecom Italia Mobile (Tim) aus dem TI Portefeuille heraustrennen, um Tim direkt unter der Tecnost-Holding anzusiedeln. TI soll sich künftig voll auf das Festnetzgeschäft konzentrieren, das von stagnierenden Gewinnen, sinkenden Umsätzen und scharfem Wettbewerb gekennzeichnet wird. Alle Konzernfunktionen sollen von TI auf Tecnost übertragen werden.

Die Trennung von TI und Tim gilt als Hauptgrund der Enttäuschung der Anleger, da TI seinen wichtigsten Gewinnbringer verliert. Die Entschädigung mit Tecnost-Aktien, wie sie Colaninno vorschlägt, wird von Analysten als wenig attraktiv angesehen. Die Prämie von 12 Prozent gegenüber der Notierung vom Montag gilt als zu gering. Das exakte Tauschverhältnis soll bis Ende Dezember mit Hilfe eines unabhängigen Sachverständigen festgelegt werden.

Bis Ende Februar 2000 sollen die Kapitalerhöhungen durch außerordentliche Hauptversammlungen von TI und Tecnost abgesegnet werden, damit der Umtausch bis Juni 2000 über die Bühne gehen kann. Durch die Kapitalerhöhungenen, so Colaninno, wird sich der Olivetti-Anteil an Tecnost von zurzeit 70 auf 41 bis 43 Prozent reduzieren.

Telecom Italia wandelt sich also von der Mutter zur Schwester von Tim, und von beiden Geschwistern verlangt Colaninno künftig hohe Dividenden, damit die Schulden der Muttergesellschaften Tecnost und Olivetti bezahlt werden können. Seine Anforderungen sind ehrgeizig: Als Ziel gibt er eine Rendite auf das investierte Kapital von 24 Prozent aus. 90 Prozent des Nettogewinns sollen in Zukunft ausgeschüttet werden.

Gelingen soll die Vorgabe etwa durch eine Rationalisierung der industriellen Investitionen, was 500 Millionen Euro pro Jahr bringen soll, und durch die Trennung von Töchtern, die nicht zum Kerngeschäft gezählt werden - etwa von dem mit Siemens gemeinsam geführten Gerätebauer Italtel, dem Kabelproduzenten Sirti, der Versicherungsgesellschaft Meie und Teleleasing.

Vor allem das Festnetzgeschäft, auf das sich die bisherige Konzernmutter TI künftig konzentrieren soll, muss zudem laut Colaninno ihre Ertragskraft massiv steigern. Aggressiv will TI daher ihren Marktanteil von zurzeit 89 Prozent verteidigen. Das Internet- und Datenübertragungsgeschäft soll massiv ausgebaut werden, der Startschuss dazu fiel am Mittwoch.

hjk

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