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Wirtschaft: „Oma ihr klein Häuschen bleibt steuerfrei“ Heide Simonis will Millionen- Erbschaften stärker belasten

HEIDE SIMONIS ist Ministerpräsidentin von SchleswigHolstein und Mitglied des SPD-Parteivorstands. Foto: ddp Frau Simonis, wer erbt, muss schon heute bis zu 50 Prozent Erbschaftsteuer zahlen.

HEIDE SIMONIS

ist Ministerpräsidentin von SchleswigHolstein

und Mitglied

des

SPD-Parteivorstands. Foto: ddp

Frau Simonis, wer erbt, muss schon heute bis zu 50 Prozent Erbschaftsteuer zahlen. Reicht Ihnen das nicht?

Es geht uns nicht um eine generelle Anhebung der Steuersätze, sondern darum, die unterschiedlichen Vermögensarten, wie zum Beispiel Barvermögen und Grundvermögen, gleich zu besteuern. Das wäre nicht nur gerechter als die jetzige Regelung, sondern würde auch der Auffassung des Bundesfinanzhofes entsprechen.

Im SPD-Leitantrag zum Parteitag im November heißt es, dass größere Vermögen künftig stärker besteuert werden sollen. Was sind größere Vermögen?

Es geht nicht um Einfamilienhäuser, die von Generation zu Generation weitervererbt werden. Unser Wunsch ist, dass große Vermögen, egal ob es sich um Barvermögen oder Grundvermögen handelt, steuerlich gleich behandelt werden. Es kann nicht sein, dass bei riesigen Barvermögen das Finanzamt seinen Anteil kassiert, bei Grundstücken oder Häusern mit einem ebenso großen Gegenwert aber nichts bekommt. Durch Freibeträge oder vergleichbare Instrumente wollen wir aber sicherstellen, dass ein Betriebsübergang im Erbschaftsfall insbesondere bei kleinen und mittleren Firmen nicht übermäßig erschwert wird. Es geht uns nicht darum, die Vermögen zu besteuern, die zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Schaffung von Arbeitsplätzen eingesetzt werden.

Wer ein Einfamilienhaus erbt, wird also auch künftig nicht stärker zur Kasse gebeten?

Nein, „Oma ihr klein Häuschen" meinen wir nicht. Durch entsprechende Freibeträge und einen nach Verwandtschaftsgrad gestaffelten Steuertarif soll das Vererben von durchschnittlichen Einfamilienhäusern nicht stärker besteuert werden als bisher.

Wie hoch sollen die Freibeträge und die künftigen Steuersätze sein?

Wir befinden uns mitten in einem Abstimmungsprozess mit anderen Ländern. Eine Festlegung auf Freibeträge oder Vermögenswerte, die in jedem Fall nicht der Erbschaftsteuer unterworfen werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Maßgebend für deren Höhe werden die Änderungen bei der Bewertung der verschiedenen Vermögensarten sein. Klar ist jedenfalls, dass die Freibeträge, die es schon heute bei der Erbschaftsteuer gibt, allenfalls angehoben und nicht abgesenkt werden. Das Vererben normaler Einfamilienhäuser wird bei diesen Größenordnungen weiterhin steuerfrei bleiben. Dass hingegen bei dem Vererben von Millionenvermögen Erbschaftsteuer fällig wird, dürfte jedem klar sein.

Geht es Ihnen bei der Reform der Erbschaftsteuer nur darum, Geld aufzutreiben?

Die Länder müssen auch weiterhin in der Lage sein, die berechtigten Forderungen der Bevölkerung nach Grundversorgung erfüllen zu können. Dazu gehören für mich in erster Linie Bildung und Infrastruktur zur Entwicklung unserer Wirtschaft. Wir haben versprochen, die Betreuung für Kinder zu verbessern. Aber: Ein solches Vorhaben kostet viel Geld. Geld, das die Länder nicht ausreichend haben. Artikel 14 unseres Grundgesetzes bestimmt: „Eigentum verpflichtet.“ Eine Steuer auf wirklich hohe private Erbschaften würde dem entsprechen. Die Nutznießer dieser hohen Erbschaften dürfen sich ihrer solidarischen Verantwortung für unsere Gesellschaft nicht entziehen. Das ist für mich ein Teil sozialer Gerechtigkeit.

Schon jetzt gibt es zahlreiche Tricks, die Steuerlast zu senken. Werden die Steuersparmodelle zunehmen, wenn die Belastung weiter steigt?

Bei unseren Überlegungen steht eine gerechtere Besteuerung im Vordergrund. Wir werden deshalb darauf achten, bestehende Schlupflöcher zu schließen und keine neuen zu schaffen.

Im kommenden Jahr wird das Bundesverfassungsgericht über die Erbschaftsteuer urteilen. Warum warten Sie das Ergebnis nicht ab?

Der Bundesfinanzhof hat dem Bundesverfassungsgericht bereits im Mai vergangenen Jahres die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften zur Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlagen vorgelegt. Deshalb planen wir einen Gesetzentwurf, mit dem wir die Unterschiede in der Bewertung der verschiedenen Vermögensarten beseitigen wollen. Ob das Bundesverfassungsgericht tatsächlich im nächsten Jahr entscheiden wird, kann man noch nicht mit Gewissheit sagen. Aber eines ist sicher: Die Anmerkungen des BFH werden in die Entscheidung einfließen. Und da macht es Sinn, die Position des BFH und die 1995 bereits geäußerte Position des Verfassungsgerichts bereits jetzt in einen Gesetzentwurf einzuarbeiten.

Die Fragen stellte Heike Jahberg.

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