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Online-Spiele: Virtuelle Jagd

Jeder Dritte spielt schon digital. Die Branche wächst, nur entwickelt wird in Deutschland kaum.

Berlin - Das Computerspiel Moorhuhn- jagd galt schon vor sieben Jahren als „Arbeitsvernichtungsmaschine“ in deutschen Büros. Um die rasant wachsende Zahl von Angestellten von ihrem Jagdfieber abzuhalten, wurde eigens eine Software eingeführt, die dem Moorhuhn den Garaus machen sollte. Trotz dieser Maßnahme werden Online-Spiele, die die Nutzer teilweise bezahlen müssen, immer beliebter. Die Hersteller setzen große Erwartungen in diese Internetspiele, wie der Branchenverband Bitkom am Mittwoch in Berlin mitteilte.

Die 14- bis 29-Jährigen laden dazu immer häufiger eine Software auf den Rechner herunter, bevor sie online loslegen. Eines der bekanntesten – und wegen seiner Brutalität umstrittensten – Spiele ist dabei das Kriegsspiel „World of Warcraft“. Das Rollenspiel hat laut dem Hersteller Blizzard weltweit schon jetzt mehr als neun Millionen angemeldete Nutzer, gerade kam eine neue Version auf den Markt. Der Erfolg scheint programmiert.

Das Geschäft mit Computer- und Videospielen insgesamt – dazu zählen auch Spielekonsolen und Handyspiele – boomt auch in Deutschland. Lag der Umsatz im vergangenen Jahr noch bei 1,77 Milliarden Euro, so erwartet Bitkom in diesem Jahr einen Rekordumsatz von 2,14 Milliarden Euro.

Mittlerweile spiele mehr als ein Drittel der Deutschen digitale Spiele, sagte Bitkom-Präsidiumsmitglied Manfred Gerdes, zugleich Deutschlandchef des Playstation-Herstellers Sony. Jeder Fünfte davon tue dies mindestens einmal täglich, zwei Drittel mindestens einmal die Woche. Beliebtestes Gerät sei der PC, den 31 Prozent der Bundesbürger dafür nutzen. Jeder Zehnte verwende eine Konsole, sieben Prozent das Handy. Wie eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens Ipsos unter 1000 Deutschen ab 14 Jahren ergeben hat, besitzen schon 81 Prozent der Haushalte Handys, 77 Prozent PCs und 30 Prozent Spielkonsolen.

Obwohl erheblich mehr junge Menschen spielten – zwei Drittel der 14- bis 29-Jährigen – seien Computerspiele nicht mehr nur ein reines Jugendphänomen, betonte Gerdes. „Selbst 19 Prozent der über 50-Jährigen spielen heute.“ Hätten Figuren und Spielverlauf in der Vergangenheit vor allem junge Männer angezogen, habe die Industrie mittlerweile dieses Manko erkannt. Zunehmend würden nun Spiele entwickelt, in denen Strategie und Emotionen im Vordergrund stehen. Dies komme bei Frauen und Älteren gut an.

Besonders beliebt seien digitale Karten-, Schach- und Strategiespiele, sagte Gerdes, aber auch Multiplayer-Spiele, bei denen über das Internet verbundene Teilnehmer gegeneinander antreten.

Im Bereich der Spieleentwicklung hat Deutschland im internationalen Vergleich laut Bitkom großen Nachholbedarf. Gebe es in den USA etwa 8000 Unternehmen, die von der Spiele-Entwicklung lebten, seien es in Deutschland erst 200. Die Deutschen seien bislang „in erster Linie Käufer von Spielen“. „Wir müssen die Ausbildung von Spiele-Entwicklern hier- zulande auf ein internationales Niveau bringen, durch moderne Ausbildungsstätten, anerkannte Abschlüsse und die Anbindung an Hochschulen“, forderte Gerdes. Vorbild sei die Berliner Games Academy, die 2000 als erste spezialisierte Schule für diesen Bereich im deutschsprachigen Raum gegründet wurde.

Am kommenden Donnerstag wird in Leipzig die Computerspielemesse Games Convention für das Publikum eröffnet. Sie gilt neben der E3 in Los Angeles als wichtigste Veranstaltung der Branche weltweit. Juliane Schäuble

Juliane Schäuble

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