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Küchenchefs. Sebastian Sielmann (links) und Michael Börnicke hoffen auf einen Milliardenmarkt.

© Georg Moritz

Onlinehandel: Küchen aus dem Netz

Der Online-Markt für Möbel wächst. Das Berliner Start-up Kiveda will die Branche umkrempeln.

Von Carla Neuhaus

An Selbstbewusstsein mangelt es den Gründern des Berliner Start-ups Kiveda nicht. „Wir wollen den Küchenmarkt revolutionieren“, sagt Sebastian Sielmann. Ihre Revolution, sie soll in einem Hinterhof in Prenzlauer Berg beginnen. Hier stehen in einem bald auch für Kunden geöffneten Raum gleich mehrere Küchenzeilen. Fast wie in einem Möbelgeschäft. Doch verkaufen wollen Sielmann und seine beiden Mitstreiter Julian Strosek und Michael Börnicke die Küchen nicht hier – sondern im Internet.

Ein halbes Jahr haben sie an ihrer Strategie gearbeitet, Hersteller gesucht, eine Vertriebsstruktur aufgebaut. In dieser Woche sind sie mit ihrem Onlineshop an den Start gegangen. Seitdem können Kunden sich bei Kiveda im Netz ihre Küchenzeile selbst zusammenstellen, jedes Detail von den Elektrogeräten bis zu den Schubladengriffen einzeln auswählen.

Damit bietet das Start-up ein Produkt im Internet an, von dem viele noch vor ein paar Jahren gesagt hätten, dass es sich niemals online vertreiben ließe. Eine Küche kauft man sich schließlich nicht mal eben so wie ein Paar Schuhe, Musik oder Bücher. Und trotzdem sind die drei überzeugt, mit ihrem Onlineshop Erfolg zu haben. Geschäftsführer Börnicke spricht gar von einem „Milliardenmarkt“. Schließlich würden in Deutschland im Jahr zwischen zehn und zwölf Milliarden Euro mit dem Verkauf von Küchen umgesetzt – bislang allerdings vor allem offline.

Dabei zeigt eine Studie des Branchenverbands Bitkom, dass die Verbraucher zunehmend bereit sind, auch größere Anschaffungen im Internet zu tätigen. Jeder vierte Internetnutzer in Deutschland hat demnach schon einmal Möbel online gekauft. Unter den 30- bis 49- Jährigen war es sogar jeder Dritte. „Die Verbraucher haben sich an das Onlineshopping gewöhnt“, sagt Tobias Arns, E-Commerce-Experte beim Bitkom-Verband. „Sie werden mutiger und kaufen mehr Dinge im Internet.“

So steigt auch der Umsatz, den Unternehmen mit dem Verkauf von Möbeln im Netz machen: 2011 lag er bei 2,4 Milliarden Euro – bis 2016 soll er auf 3,7 Milliarden Euro steigen, prognostiziert das Institut für Handelsforschung in Köln. Aus einer Nische wird langsam ein Wachstumsmarkt, in den immer mehr Anbieter einsteigen. So haben die drei Samwer-Brüder das Möbel-Shoppingportal Home24 gegründet, das Berliner Start-up Sitzfeldt verkauft individualisierbare Sofas im Internet und auch Händler wie Butlers oder Roller bringen ihre Möbel ins Netz.

Die Zahl der Firmen, die dagegen Küchen online verkaufen, ist noch gering. Möglicherweise, sagt Arns, gehe es Kiveda wie dem Berliner Versandhändler Zalando. Als der 2008 begann, Schuhe im Internet zu verkaufen, waren auch viele Marktbeobachter skeptisch, dass das funktioniere. Allerdings gibt Arns zu bedenken: „Je komplexer und erklärungsbedürftiger ein Produkt ist, desto höher ist die Hürde, es online zu kaufen.“

Vom stationären Handel will sich Kiveda unter anderem über den Preis abgrenzen. Zwischen 650 und 5000 Euro kosten ihre Küchen. „Anders als im Handel sind bei uns keine Zwischenhändler eingeschaltet“, sagt Gründer Sielmann. Denn auch die verdienen mit, wenn eine Küche im Geschäft verkauft wird. In Kontakt tritt Kiveda mit den Kunden via Chat und Telefon. Statt im Geschäft sitzen die Küchenfachberater im Callcenter. Auf Wunsch sollen sie in Zukunft auch beim Kunden zu Hause vorbeikommen, um den  Raum auszumessen. Außerdem baut ein Montageteam für einen Aufpreis die  Küche auf. „Wir beschäftigen uns bewusst mit den Barrieren, die Kunden davon abhalten könnten, ihre Küche im Internet zu bestellen“, sagt Geschäftsführer Börnicke.

Der 52-Jährige ist erst vor ein paar Tagen in die Kiveda-Geschäftsführung eingestiegen. Zuvor war er Finanzchef bei Escada, hat für Pro Sieben gearbeitet und war Vorstandschef beim Bezahlsender Premiere. Dass ein Manager wie er bei einem Start-up einsteigt, ist eher untypisch. Er selbst sagt jedoch: „Ich fand die Idee einfach spannend.“ Während seiner Zeit bei Escada hat er bereits das Berliner Start-up Tirendo als Geld- und Ratgeber unterstützt.

Auch Tirendo hat mit Autoreifen ein Produkt ins Netz gebracht, das bislang vor allem stationär verkauft wurde. Hinter Tirendo und Kiveda steht derselbe Hauptinvestor: Die European Media Holding, die in der frühen Phase der Gründung bei Start-ups einsteigt und von sich selbst behauptet, die „Old Economy“ mit der „New Economy“ verbinden zu wollen. Auch bei Kiveda vermischt sich die Online- mit der Offlinewelt. Noch in diesem Monat will das Start-up seinen Showroom in Berlin eröffnen. Dort können sich die Kunden ein paar Beispielküchen anschauen, bestellen müssen sie sie aber im Netz.

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