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Wirtschaft: Opec kann die Förderung kaum noch erhöhen

Öl- und Benzinpreise steigen trotz angekündigter Anhebung der Produktionsquoten/Kartell will Mitgliedern freie Hand lassen

Berlin - Heizöl ist am Rotterdamer Markt so teuer wie seit November 2000 nicht mehr. Superbenzin wird an den Börsen zu Preisen gehandelt, die über dem Rekordniveau vom vergangenen Mai liegen. Und Rohöl setzt zu einem neuen Höhenflug an. Am Freitag kletterte die Notierung für ein Barrel (159 Liter) der Sorte Brent um rund zwei Prozent auf 38,80 Dollar. Die Mitteilung der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) vom Vortag, ihre Produktionsquote ab August um eine weitere halbe Million Barrel pro Tag anzuheben, blieb wirkungslos. Ein Liter Super kostet an deutschen Tankstellen nach Angaben der Ölkonzerne mittlerweile im Schnitt wieder rund 1,20 Euro.

David Fyfe von der Internationalen Energie-Agentur (IEA) in Paris sagte dem Tagesspiegel, die Opec hebe durch die jüngste Entscheidung nur ihre Zielproduktion auf 26 Millionen Barrel pro Tag an. Der Irak, der nicht am Quotensystem teilnimmt, ist dabei nicht berücksichtigt. „Die Zielproduktion selber ist aber zurzeit bedeutungslos“, sagte Fyfe. Denn die Opec-Mitglieder hätten nach IEA-Schätzungen im Juni effektiv bereits täglich 26,9 Millionen Barrel gefördert. „Aber die Anhebung des offiziellen Ziels könnte eine Nachricht an die Märkte sein, die Vertrauen schafft“, sagte Fyfe.

Ohnehin sei das durch Terror erschütterte Vertrauen in die zukünftige Versorgung weiterhin der wichtigste Grund für die hohen Ölpreise, sagte Barbara Meyer-Bukow, Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV). Die Versorgungslage sei nach wie vor ausreichend.

Bloß ist der Ölmarkt verwundbarer geworden. Produzenten außerhalb der Opec wie Russland hätten ihre Förderung bereits „im Großen und Ganzen maximiert“, sagte IEA-Experte Fyfe. Die Opec wiederum hätte weniger als 700000 Barrel freie Kapazitäten, die innerhalb von 30 Tagen aktiviert und dauerhaft genutzt werden könnten. „Der Markt ist zurzeit sehr eng“, sagte Fyfe. Ein Ausfall – etwa durch Terror oder Streiks – von zwei bis drei Millionen Barrel über mehrere Wochen wäre eine ernste Erschütterung. Das entspricht in etwa der irakischen Föderung. Für eine Woche könne die Menge aber problemlos ersetzt werden, wie sich vor kurzem gezeigt habe, sagte Fyfe. Allerdings arbeiten die Opec-Mitglieder und andere Förderländer wie Russland, Brasilien und Angola stark an einer Ausweitung ihrer Kapazitäten. Die Produktion dürfte daher mit dem starken Anstieg des weltweiten Ölverbrauchs, den die IEA in diesem und im kommenden Jahr erwartet, Schritt halten.

Ein Opec-Experte versicherte im Gespräch mit dem Tagesspiegel, dass das Kartell seinen Mitgliedern weiterhin freie Hand bei der Förderung gebe. „Erst wenn wir das Gefühl haben, dass der Markt gut versorgt ist und die Preise auf einem normalen Niveau sind, werden wir den Mitgliedern empfehlen, ihre Quoten einzuhalten.“ Für die nächsten Wochen erwarte die Opec wieder Preise von 34 bis 35 Dollar je Barrel und im weiteren Jahresverlauf von 33 bis 34 Dollar. Offiziell hält das Kartell an dem Ziel fest, den Preis in der Spanne von 22 bis 28 Dollar zu halten. Angesichts von Inflation und schwächerem Dollar werde sie aber zurzeit von einer Expertenkommission überprüft. Im Oktober soll eine Empfehlung für die Ölminister der Opec vorgelegt werden. Mögliche Änderungen an der bisherigen Strategie würden von der Opec-Konferenz dann frühestens zum Jahresende besprochen werden. Vor allem Venezuela hatte sich in den vergangenen Monaten für eine Anhebung der Preisspanne ausgesprochen.

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