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Opel-Arbeiter: "Die Stimmung geht auch wieder rauf"

Die Arbeiter sind ratlos. Klein bei geben sie nicht. Nach der Absage von GM stehen wieder alle Opel-Werke in ganz Europa auf dem Prüfstand, auch Bochum und die drei anderen deutschen Standorte.

Ein kalter, regnerischer Novembertag. Niemand will hier draußen stehen und warten. Hans-Joachim Ditsche tut es trotzdem. Er ist früh dran – der Anfahrtsweg aus Dortmund, die vielen Baustellen. Nun steht der Betriebsrat neben seinem Zafira, geparkt am Tor des Opel-Werkes I in Bochum, und redet und raucht. Seit 1988 ist er bei Opel, und nun das. Noch Hoffnung? Eher Ratlosigkeit. „Was weiß ich denn.“

Auch er hat die Nachricht des Tages aus dem Radio: General Motors sagt den geplanten Verkauf von Opel ab. „Das war doch von langer Hand geplant“, argwöhnt Ditsche. Erst noch mal sehen, was man aus der Belegschaft so rausquetschen kann. Und dann.

Dann absagen.

Die Politik ist entsetzt, allen voran Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Im Mai 2010 wird in Nordrhein-Westfalen der Landtag gewählt, die Rettung des Standorts Bochum ist für den CDU-Politiker wichtig. Schon ganz am Anfang der Opel- Krise reiste er nach Detroit. „Dieses Verhalten von General Motors zeigt das hässliche Gesicht des Turbokapitalismus“, urteilt er. Und, natürlich: NRW werde für Opel und Bochum kämpfen.

Nun stehen wieder alle Opel-Werke in ganz Europa auf dem Prüfstand, auch Bochum und die drei anderen deutschen Standorte. Insgesamt arbeiten für Opel in Europa knapp 55 000 Menschen, davon in Deutschland 24 500 Mitarbeiter. Bochum, wo Astra und Zafira vom Band rollen, ist hierzulande das zweitgrößte Werk mit rund 4800 Mitarbeitern.

Gleich ist Schichtwechsel.

Werner Einenkel, der Betriebsratschef, ist schon rausgekommen. „Diese Hängepartie zehrt schon an den Nerven“, sagt er. Aber nein, man gebe die bisherige Haltung nicht auf. Keine Werksschließungen, keine betriebsbedingten Kündigungen. Und die Stimmung unter den Kollegen? „Jetzt geht sie runter, sie wird aber auch wieder raufgehen“, sagt Einenkel. „Die haben doch gar keine andere Chance.“ Er meint: als Autos zu bauen und zu hoffen.

Und dann strömen sie herein und heraus. 13 Uhr 45. Ein steter Fluss ratloser Arbeiter. „Der Todesstoß“, sagt ein türkischer Arbeiter. „Ach, ob Russen oder Amis“, sagt ein anderer. „Ohne Bochum können die nicht.“

Jedenfalls sind sie noch nicht am Ende, die Opelaner. Jetzt wollen sie mobilmachen. Die IG Metall ruft die Beschäftigten vom heutigen Donnerstag an zu Warnstreiks an allen vier Standorten auf. „Die Veranstaltungen beginnen in Deutschland und werden sich auf ganz Europa ausdehnen“, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz. Vor den Werkstoren soll demonstriert werden, während drinnen die Bänder stocken.

In Bochum sitzt Hans-Joachim Ditsche mittlerweile drinnen am Band. Er ist dafür zuständig, dass zusammenfindet, was zusammengehört: Karosserie und Fahrwerk. Hochzeiten nennen die Opelaner das. Draußen diskutiert derweil ganz Deutschland, warum eine von langer Hand geplante Hochzeit über Nacht geplatzt ist. Jan Keuchel (HB)

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