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Der Tradition verpflichtet? General Motors erwägt, die Produktion des wichtigsten Opel-Modells Astra vom Stammwerk Rüsselsheim abzuziehen. Foto: dpa

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Opel: Ratlos in Rüsselsheim

Betriebsversammlung: Opel-Chef Stracke und zwei Ministerpräsidenten enttäuschen 8000 Mitarbeiter.

Rüsselsheim - Laut ging es zu in Halle K48, im Opel-Stammwerk Rüsselsheim. Mit Pfiffen und Buhrufen kommentierten am Montag rund 8000 Beschäftigte die Rede von Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke. Der Astra, sagte Stracke, das mit Abstand wichtigste Modell des Autobauers, werde ab 2015 nur noch in zwei Werken in Europa gebaut. Wo – in Rüsselsheim, dem britischen Ellesmere Port oder im polnischen Gleiwitz – ließ er zwar offen. Doch Rüsselsheim, so wird seit Wochen spekuliert, steht zur Disposition. „Unpopuläre Entscheidungen“ werde es geben, hatte Stracke schon deutlich gemacht.

Aus Solidarität mit den deutschen Opel-Standorten und den Mitarbeitern nahmen am Montag der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und sein rheinland-pfälzischer Kollege Kurt Beck (SPD) an der Betriebsversammlung teil. Hoffnungen, der Staat könnte Opel noch einmal unterstützen, dürfen sich die Opelaner allerdings nicht machen. „Das Unternehmen muss selbst seinen Kurs finden“, sagte Bouffier. „Keiner weiß, wie es weitergehen soll“, sagte ein enttäuschter Opelaner vor dem Werkstor. Angespannt war die Stimmung auf der außerordentlichen, nicht öffentlichen Betriebsversammlung, wie Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug sagte. Immerhin konnte die Belegschaft Vorstandschef Stracke wieder einmal direkt hören. In den vergangenen Wochen gab es nur Stellungnahmen oder Briefe des Top-Managements an die Mitarbeiter.

Zehn Eckpfeiler eines Unternehmensplans, der angeblich im Juni im Aufsichtsrat verabschiedet werden soll, skizzierte Stracke am Montag. Viel Neues konnten die Mitarbeiter aber nicht mitnehmen. Verärgert und enttäuscht reagierten viele nach der Versammlung. Der Opel-Chef erinnerte unter anderem an die bis 2014 laufende Modelloffensive, in die elf Milliarden Euro gesteckt werde. Allein 2012 kämen sechs neue Modelle auf den Markt, darunter der Kleinwagen Adam. Stracke zufolge soll es auch eine Exportoffensive geben: „In Israel sind wir bereits erfolgreich gestartet, und unser Engagement in China, Russland und der Türkei werden wir weiter ausbauen.“

Stracke setzt auch auf die jüngst vereinbarte Partnerschaft der Opel-Mutter General Motors (GM) mit PSA Peugeot Citroën. Derzeit würden mehrere Projekte geprüft, die auch das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim stärken würden. Daneben erwägt GM angeblich, ob die Produktion von Autos der Marke Chevrolet teilweise von China und Korea in deutsche Werke verlegt werden kann. Auch über die Fertigung eines Citroën-Modells in Rüsselsheim wird spekuliert.

Mit Blick auf die Astra-Produktion sagte Stracke: „Angesichts der erwarteten Nachfrage sind wirtschaftlich nur zwei Astra-Werke sinnvoll.“ Die müssten dann im Dreischichtbetrieb laufen. Derzeit wird der Astra in drei Werken im Zweischichtbetrieb gebaut. Würde die Astra- Fertigung aus Rüsselsheim abgezogen, könnte als Ausgleich angeblich das Familienauto Zafira im Stammwerk gebaut werden – und nicht mehr am Standort Bochum. Damit allerdings droht das Aus für die Opel-Fabrik im Ruhrgebiet.

Trotz offenbar unausweichlicher Einsparungen handele es sich nicht um einen Sparplan, sagte Stracke, „sondern um eine umfassende Strategie, mit der wir schnell wieder in die Gewinnzone fahren werden, ganz egal ob mit oder ohne Rückenwind des Marktes.“ Opel werde die Margen, Marktanteile und den Umsatz bis 2016 deutlich steigern.

Derzeit geht es allerdings bei allen drei Kriterien nach unten, 2012 droht Opel Beobachtern zufolge erneut ein Milliardenverlust. Ungeachtet dessen versicherte Stracke, dass Opel alle Zusagen des Standortsicherungsvertrages bis 2014 einhalten werde. Ein weiterer Stellenabbau und Werkschließungen sind bis dahin ausgeschlossen.

Davon gehen auch Beck und Bouffier aus, wie sie am Montag betonten. Er sei sicher, dass der Standort Rüsselsheim erhalten werden kann, glaubt Bouffier. Beck forderte GM auf, Märkte für Opel zu öffnen und nicht weiter weite Teile des Weltmarktes für die deutsche Tochter zu verschließen und gleichzeitig mit Arbeitsplatzabbau zu drohen.

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