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Original und Fälschung: Shantou Lian Plastic statt WMF

Plagiate verursachen in der deutschen Wirtschaft jährlich einen Schaden von rund 30 Milliarden Euro. Viele der Nachahmungen stammen aus dem asiatischen Raum, doch auch deutsche Unternehmen kupfern schamlos ab.

Frankfurt am Main - WMF-Chef Thorsten Klapproth ist ein wenig hin und her gerissen. Die Salz- und Pfefferstreuer „Two-in-One“ des Haushaltswaren-Herstellers aus dem württembergischen Geislingen sind perfekt gelungen. Einziges Problem: Sie stammen nicht von WMF. Die chinesische Firma Shantou Lian Plastic aus Guangdong hat schamlos abgekupfert. Und damit bei der Aktion Plagiarius in diesem Jahr den ersten Preis für die dreisteste Kopie abgeräumt. „Das ehrt uns, aber wir gehen natürlich dagegen vor“, sagt Klapproth. Zwar stieß der Zoll zuletzt auf weniger Imitate als in den Vorjahren. Das Problem hat aber nicht an Dringlichkeit verloren, wie Ricarda Busse, der Initiator der Aktion, auch bei der 32. Verleihung des Schwarzen Zwerges mit der goldenen Nase am Freitag in Frankfurt am Main verdeutlichte.

Dabei sind es keineswegs nur Firmen aus China, die teure Markenprodukte kopieren. Auch drei deutsche Unternehmen gewannen in diesem Jahr den Preis: Die Heinrich Winkelmann GmbH aus Ahlen kopierte das Original eines Druckgefäßes für eine Heizungsanlage eines Schweizer Herstellers. Die Horst Strichroth GmbH aus Hannover hat Flechtarmreifen einer Firma aus Vreden nachgemacht, und die Phoebus Medizintechnik aus Tuttlingen sogar Urologie-Resektoskope der ebenfalls in Tuttlingen ansässigen Karl Storz GmbH. Der Preis für den Serienklau geht in diesem Jahr an die chinesische Jusweet Candytoy: Sie kopiert seit Jahren Spielzeugautos der Bruder Spielwaren GmbH aus Fürth.

Die Betätigungsfelder der Nachahmer sind weit gestreut: Es reicht in diesem Jahr von den WMF-Salzstreuern über Eierköpfer, Badezimmer-Armaturen bis hin zu Schreibutensilien der Nürnberger Staedtler-Mars GmbH, die von der chinesischen Firma Zhaoqing kopiert wurden. Nach Schätzungen der Behörden belaufen sich die jährlichen Schäden durch dreiste Kopien in Deutschland auf etwa 30 Milliarden Euro, rund 50 000 Arbeitsplätze gingen dadurch verloren. Weltweit dürfte sich der Schaden, sagt Busse, auf mehrere hundert Milliarden Euro belaufen. Allein der deutsche Zoll hat 2006 – für 2007 liegen noch keine Daten vor – gefälschte Waren im Wert von 1,2 Milliarden Euro beschlagnahmt. Das ist fünf Mal so viel wie ein Jahr zuvor.

Nach Ansicht von Busse schaden die skrupellosen Nachahmer nicht nur den Firmen, die das Original entwickeln, herstellen und vermarkten. Sie gefährden auch die Sicherheit der Verbraucher. „Der Plagiator ist auf den schnellen Profit aus. Die verwendeten Materialien und die Verarbeitung sind beim Plagiat oft minderwertig.“ Garantie- und Serviceleistungen gebe es ohnehin nicht. Eine Mitverantwortung für die bedenkliche Entwicklung liegt aber, sagt Busse, auch beim Handel und bei den Verbrauchern. „Mit einer Mischung aus Unwissenheit, Überforderung und Kalkül trägt der Handel leider dazu bei, dass immer mehr Plagiate in den Regalen landen.“ Auch einige Ebay-Händler versuchen den Kunden, so Busse, Plagiate zu verkaufen. Verbrauchern mangele es häufig an Unrechtsbewusstsein. „Den unbeabsichtigten Kauf von Plagiaten kann man ihm nicht vorwerfen, den vorsätzlichen Kauf von gefälschten Markenartikeln aber schon.“ Ursache sei auch die stark verbreitete Schnäppchen-Mentalität.

Für die betroffenen Firmen ist es nach wie vor ein zähes und mühsames Unterfangen gegen die Nachahmer vorzugehen. Die Aktion Plagiarius schreibt seit neuestem die fragwürdigen Preisträger an – die natürlich auch gestern nicht zur Preisverleihung erschienen waren – und fordert sie auf, die Produkte vom Markt zu nehmen. Zwei Mal hat das 2007 immerhin gewirkt: die Plagiate wurden zurückgezogen und die Kopierer einigten sich mit dem Hersteller des Originalprodukts.

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