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Harald Schmidt echauffiert sich über "schlecht erzogene" Bahnfahrer.

© DAPD

ORTSTERMIN: Auf der PR-Schiene

Entertainer Harald Schmidt hält die Laudatio bei einer Veranstaltung der Bahn-Lobby "Allianz pro Schiene". Ist das Satire oder Werbung?

„Ich bin ein Ein-Mann-Kämpfer im Dienste der deutschen Zugbegleiter“, ruft Harald Schmidt, und man weiß nicht, wie ernst ihm dieser Einsatz ist. Der Entertainer steht im dunkelblauen Anzug auf der Bühne des Marmorsaals im Palais am Festungsgraben in Berlin-Mitte. Kameras surren und blitzen, aus Boxen tönt Klassik. Es ist die Siegerehrung des Wettbewerbes „Eisenbahner mit Herz“, den die Bahn-Lobby „Allianz pro Schiene“ veranstaltet. Schmidt hält die Laudatio, offenbar honorarfrei. „Als Bahn-Fan hab ich gleich zugesagt. Dann hab’ ich erfahren, dass es so eine Charitysache ist, da konnte ich nicht wieder absagen, sonst gilt man immer gleich als so eiskalt.“

An diesem Freitagmittag macht er sich vor allem über „schlecht erzogene“ Bahnfahrer lustig, stellt deren Doofheit mit derben Grimassen zur Schau. Viele verstünden weder den Unterschied zwischen Sitzplatz- und Wagennummer, noch, dass sie andere zuerst aussteigen lassen sollten, bevor sie einsteigen. Routiniert bringt Schmidt die rund 70 Gäste, darunter einige in Bahn-Uniform, zum Lachen – und den Lobby-Geschäftsführer Dirk Flege in der ersten Reihe zum Schwitzen, als er den Gewinner des Wettbewerbes aufs Korn nimmt.

Zugbegleiter Peter Gitzen erhält die Goldmedaille und auch ein Lebkuchenherz dafür, dass er zwei 14-jährige Mädchen, die in den falschen Zug eingestiegen waren und am selben Tag nicht mehr nach Hause gekommen wären, in einem Zelt bei sich im Garten übernachten ließ – nach Telefonaten mit den Eltern. „Ich bin froh, dass ich euch hier sehe“, sagt Schmidt und zwinkert den beiden Teenagern im Publikum zu, „und nicht bei Brisant oder Stern-TV.“ Schweigen, Kopfschütteln, dann Gelächter. Macht Schmidt hier Satire oder Werbung?

Insgesamt bleibt „Dirty Harry“ brav auf der PR-Schiene, lobt die „überwiegend freundlichen“ Zugbegleiter, das Chili con Carne, das er sich gerne an den Platz bringen lässt – und seine „schwarze Mamba“, wie er die Bahncard 100 erste Klasse nennt. Die 6690 Euro dafür habe er selbst gezahlt, er sei ja nicht Christian Wulff. „Außerdem könnte ich sonst bei einer solchen Veranstaltung nicht richtig auf die Kacke hauen.“ Zurück nach Köln fährt er mit dem Zug.

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