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ORTSTERMIN: Sarrazin wärmt sich auf

Beim Verein der Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), gegründet 1871, hat man schon schlechtere Gastredner erlebt. Am Montagabend kam Stefan Grützmacher, der noch relativ neue Chef des Berliner Versorgers Gasag, gegründet 1874.

Beim Verein der Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), gegründet 1871, hat man schon schlechtere Gastredner erlebt. Am Montagabend kam Stefan Grützmacher, der noch relativ neue Chef des Berliner Versorgers Gasag, gegründet 1874. Er präsentiert den 70 Zuhörern Kreisdiagramme zum Wohnungsmarkt, Kurven zum CO2-Ausstoß. Dann die schematische Darstellung eines Hauses, anhand dessen er – Säule für Säule – erklärt, wie er das Traditionsunternehmen durch die Energiewende bringen will. Und das ohne einen Blick aufs Manuskript. Am Ende erhält Grützmacher Applaus.

Nur einer klatscht nicht. Er legt das Gesicht noch mehr als üblich in Falten: Thilo Sarrazin (immer noch SPD). Etwas grau ist er geworden. Als die Fragerunde eröffnet wird, ergreift er als Erster das Wort: „Ich habe Zahlen und Lösungen vermisst“, wirft der ehemalige Berliner Finanzsenator, ehemalige Bundesbankvorstand und Schon-wieder-Buchautor dem Gasag-Chef vor. Er sei eigentlich nur gekommen, weil er etwas über die Sanierungsquoten und den entsprechenden Wärmebedarf bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften erfahren wollte. „Was ich mir erhofft hätte, wäre, mal eine Rechnung zu sehen: Was haben wir für einen Bedarf an Absenkung – und wie wird dieser Bedarf abgedeckt“.

Sekunden der Stille im Saal. Was genau will er wissen? Und warum?

„Jaaa, ich will dem gar nicht widersprechen, Herr Sarrazin“, sagt Grützmacher ganz langsam. Die Augen suchen rechts und links. Er kenne die Zahlen nicht, er könne die Frage nicht beantworten, er erhoffe sich aber von der Politik ... und so weiter. Sarrazin scheint fürs Erste beruhigt. Und lässt von dem Gasag-Chef ab.

Später, mit Bier in der Hand, grummelt der Ex-Finanzsenator, dass er sich mehr Zahlen gewünscht hätte. Er schreibe an einem neuen Buch, das etwa in einem halben Jahr erscheine, und „wie alle meine Bücher zur Versachlichung von Debatten beitragen soll“. Das Thema werde aber noch nicht verraten. Was er denn von der Berliner Debatte über Neugründungen von landeseigenen Energieversorgern halte? „Wenn die Politik eine Spielwiese haben will, soll sie das machen. Geld verdienen wird sie damit nicht.“

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