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Wirtschaft: Oskar Lafontaine: New Capitalism

Oskar Lafontaine wollte für Stimmung sorgen. "Ich werde Ihren Erwartungen entsprechen", versprach er den 200 Zuhörern im Estrel-Hotel und setzte zur Rede an.

Oskar Lafontaine wollte für Stimmung sorgen. "Ich werde Ihren Erwartungen entsprechen", versprach er den 200 Zuhörern im Estrel-Hotel und setzte zur Rede an. Schnell lief der Finanzminister a. D. auf dem Internet-Kongress der Postgewerkschaft zu alter Form auf: er gestikulierte, ballte die Faust und verteilte Spott. Hauptziel: die "so genannte New Economy".

Lafontaine geißelte den Sozialabbau in der Internet-Wirtschaft. Die flexible Beschäftigung in Start-up-Firmen verletze Arbeitnehmerrechte und raube der Gesellschaft Humanität. Als Schuldige benannte Lafontaine "neoliberale Schwätzer" in Vorständen und Medien. Sie hätten "viele Bonbons durchgelutscht", um Sozialabbau zu legitimieren. Zuerst seien lange Arbeitszeiten in Japan gepriesen worden, dann Deregulierung in Neuseeland und nun Flexibilität der New Economy. Immer sei es darum gegangen, Lohnzurückhaltung zu fordern. Lafontaine: "Aber wer redet von Gewinnzurückhaltung?" Angespornt vom Beifall schimpfte Lafontaine auch auf die Weltwirtschaftsordnung. Die Spekulation mit "vaterlandslosem Kapital" würde Volkswirtschaften belasten, der "internationale Casino-Kapitalismus" kenne keine Grenzen. Normale Arbeit lohne sich nicht, sondern "Vermögen und Faulenzerei". Deshalb forderte Lafontaine eine Vermögensabgabe. Für die New Economy hatte er nur Hohn übrig. Nach den Kursabstürzen sei "der Spuk Gott sei Dank vorbei".

Gewogenere Worte fand DGB-Chef Dieter Schulte. Zwar warnte auch er vor "übertriebenen Versprechungen" der neuen Arbeitswelt, die Gewerkschaften sollten jedoch auf Veränderungen reagieren. Sie müssten jungen Arbeitnehmern in Start-ups Angebote machen. "Begrenzungen für Arbeitszeiten sind geboten", sagte Schulte, "der Regulierungsbedarf wächst." Auch die 5,5 Millionen Teilzeit-Arbeitnehmer bräuchten mehr soziale Rechte. Hier sei die neue Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gefordert, in der auch die Postgewerkschaft aufgehen soll. Auf starke Worte werden die Gewerkschafter dann übrigens nicht verzichten müssen. Auch Lafontaine wird Verdi-Mitglied.

ide

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