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Wirtschaft: Oswald Kneip

Geb. 1946

Ein großer Impresario, ein Mensch mit schwachem Herz. Seine Beerdigung hätte ihm sicher gefallen. Die Kollos waren da, die Wussows – deren Verhaltensauffälligkeiten hatte er mal verschiedenen Zeitungen anvertraut, aber nur, weil Frau Wussow, die Witwe von Bubi Scholz... nein, das führt jetzt zu weit. Dagmar Frederic sang „Amazing Grace“, Bert Beel, der Sänger und Parodist, erzählte warmherzig von seinem „Freund“ (Die Anführungszeichen müssen sein, weil ein Freund im Showbiz bedeutet: Ich bin dir so lange zugetan, wie du mir nicht in die Quere kommst). Ein Geiger spielte die Melodie von „Sag beim Abschied leise Servus.“ Sehr sentimental, diese Trauerzeremonie, zu Tränen rührend. So mochte es Oswald.

Die Hilde Knef hatte ihm ins „Schauspielerlexikon der Gegenwart“ geschrieben: „Für den Mann, der nach mir kommt.“ Darauf war Oswald sehr stolz, auch wenn das „nach mir“ nur meinte, dass wegen der alphabetischen Nähe seine Lexikonseite gleich nach ihrer kam. Trotzdem, gemeinsam mit der Knef in einem Buch verewigt zu sein, als Schauspieler unter Schauspielern, das war schon was. Dass Oswald nur Nebenrollen gespielt hatte, muss ja nicht heißen, dass sein Talent nicht für mehr gereicht hätte. Auf jeden Fall reichte es zum erfolgreichen Schauspieler-Agenten.

Die Boulevardtheater- und Fernsehserienstars, die zur großen Oswald-Kneip- Familie gehörten, trafen sich einmal im Monat beim Promi-Stammtisch im „Lutter & Wegner“ oder im „Hollywood Media Hotel“ von Atze Brauner. Der eigentliche Zweck des Familientreffens war, Journalisten mit Klatschgeschichten zu versorgen und den Marktwert der Anwesenden zu heben. Aber es war auch einfach nur nett, sich mal wiederzusehen, sich von Oswalds Wiener Charme einwickeln zu lassen und Paula, seine Hündin und Lebensgefährtin, zu kraulen, wenn sie ihren Kopf unterm Tisch ans Knie schmiegte.

Paula war Oswalds letzte Begleiterin. Davor lebte er mit seiner Mutter zusammen, bis zu ihrem Tod. Davor gab es mal einen Franz. Ganz früher soll es auch eine Ehefrau gegeben haben, aber von der weiß die Familie nichts. Das hätte auch die Diven gestört, die er zu betreuen hatte. Oswald Kneip musste als Familienoberhaupt möglichst jedem Mitglied seiner Schauspielersippe das Gefühl vermitteln, nur für es allein da zu sein, sonst drohte ein Ausbruch verletzter Eitelkeit – wie bei den Wussows.

Oswalds wichtigster Star war Brigitte Mira. Für sie war er nicht nur Agent und „Freund“, sondern auch Kammerdiener, Butler und persönlicher Assistent. Oswalds Leben bestand darin, seinen Schauspielern das Leben zu erleichtern. Trotzdem gab es einige, die schlecht über ihn sprachen, wenn er nicht dabei war, weil sie einen Buhmann für ihre schwächelnde Karriere brauchten.

Dabei kannte Oswald Kneip das Metier viel besser als die meisten seiner Kunden. Mit Hans Moser, Freddy Quinn, Uschi Glas und Nadja Tiller stand er auf der Bühne, sechs Jahre leitete er ein Tourneetheater, dann war er Pressechef am Deutschen Theater München. 1997 machte er seine Künstleragentur auf, organisierte Festivals, Galas und Shows, um die Familie mit Engagements zu versorgen.

Wer mit ihm „befreundet“ war, hatte auch beruflich mit ihm zu tun. In seine Zweizimmerwohnung lud er nie jemanden ein. Dort arbeitete und schlief er. Nach der Arbeit zog er in die Nacht und bekämpfte seine Einsamkeit. An Weihnachten und Silvester war es besonders schlimm. Der Familienverband versagte regelmäßig an hohen Feiertagen. Niemand dachte daran, ihn einzuladen. Der Preis der Glamourwelt. Er war ein großer Impresario, hinter dem sich ein Mensch mit schwachem Herz verbarg.

Der Befund des Kardiologen: Keine Zigaretten mehr, kein Alkohol, weniger Fett! „Na, langsam geht das Sterben los“, mailte er einem „Freund“. Seiner Promi-Familie erzählte er, wie schlecht es ihm ging, dass er wohl bald abtreten werde, aber niemand nahm es richtig ernst. Bypässe müssten sie legen, sagte der Kardiologe, OP-Termin im August. Der Tod war schneller.

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