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Wirtschaft: Palastrevolution bei der Unicredit Bankchef Alessandro Profumo muss wegen des umstrittenen Engagements von Libyen gehen

Rom - Die Herrschaft Alexanders des Großen, wie die Italiener ihn nennen, steht vor dem Ende. Aber nicht, weil sich Alessandro Profumo, Chef von Italiens größter Bank Unicredit, ein schlechtes Management vorwerfen lassen müsste.

Rom - Die Herrschaft Alexanders des Großen, wie die Italiener ihn nennen, steht vor dem Ende. Aber nicht, weil sich Alessandro Profumo, Chef von Italiens größter Bank Unicredit, ein schlechtes Management vorwerfen lassen müsste. Vielmehr trug die Sitzung des Verwaltungsrats am Dienstagabend Züge einer persönlichen und politischen Intrige. Kreisen zufolge entzog der Verwaltungsrat Profumo die Unterstützung. Der Chefposten werde an den Verwaltungsratsvorsitzenden Dieter Rampl übertragen, sagte ein Mitglied. Profumo habe sein Rücktrittsgesuch eingereicht.

Am Samstag wurde Profumo erstmals mit den Plänen zu seiner Absetzung konfrontiert. „Einige Aktionäre sagten mir am Nachmittag, dass sie entschieden haben, mich zu ersetzen“, vertraute er engen Mitarbeitern an. Was der 53-Jährige, der „noch sieben Jahre“ im Amt bleiben wollte, niemals für möglich gehalten hatte, war eingetreten: eine Konspiration im eigenen Haus.

Unicredit, aufgebaut in den vergangenen 13 Jahren auf der Fusion kleiner norditalienischer Banken und Sparkassen, ist das Werk des heute 53-jährigen Alessandro Profumo. Früher als andere Italiener sah er auch die Notwendigkeit der Internationalisierung. Heute ist Unicredit in 22 Ländern vertreten. 2005 brachte Profumo gar die größte grenzüberschreitende Bankenfusion in Europa zustande: Unicredit fusionierte mit der Münchner Hypo-Vereinsbank und gilt heute als die siebtgrößte Bank in Europa.

Im Gegenzug wurde Hypo-Manager Dieter Rampl damals zum Präsidenten des Unicredit-Verwaltungsrats. Die anfangs offenbar glückliche, zuletzt aber immer konfliktreichere Zusammenarbeit mit Profumo soll mit zu den Auslösern der Mailänder Palastrevolution gehören. Im Prinzip wirft man Profumo „exzessives Autonomiestreben“ vor, Selbstherrlichkeit, Kritikunfähigkeit und mangelnde Kommunikation mit denen, von denen er sich kontrollieren lassen sollte. Schon einigen Misstrauensattacken war Profumo ausgesetzt; diesmal aber haben seine Kritiker einen Hebel gefunden, um den Banker aus dem Amt zu befördern: das auffällig unauffällige Vordringen libyscher Investoren. Seit zwei Jahren bereits hält Gaddafis Nationalbank 4,98 Prozent an Unicredit; im Sommer ist bekannt geworden, dass sich eine – wohl auch staatlich kontrollierte – Libyan Investment Authority weitere 2,59 Prozent der Bank besorgt hatte.

Profumo wusste frühzeitig von diesen Kapitalverschiebungen, verschwieg sie aber seinem Präsidenten, und Dieter Rampl macht ihm dies nun zum Vorwurf. Nicht nur das: der Deutsche Rampl soll zuletzt die Fronde italienischer Anteilseigner angeführt haben, die die „territoriale Entwurzelung“ der Unicredit befürchtet und ihre „Arabisierung“ beklagt hatten. Das Vordringen Libyens und der ebenfalls vergleichsweise junge Einstieg eines Fonds aus Abu Dhabi – gemeinsam kontrollieren sie 12,56 Prozent der Anteile – führt rechnerisch ja zur klaren Entmachtung der „historischen“ Hauptaktionäre. Das sind vier norditalienische Sparkassenstiftungen, die in der Summe 11,6 Prozent der Aktien halten. Profumo selbst knurrt: „Ich habe die Libyer nicht gerufen.“ Andere beschuldigen ihn, sie in Geheimverhandlungen geradezu ins Boot geholt zu haben – als Waffe gegen die italienischen Sparkassenstiftungen und eine rechtspopulistisch-provinzielle Politisierung der Unicredit.

Während traditionelle italienische Banker im Klüngel der Politik groß geworden sind, hat sich Profumo von „Beziehungspflege“ dieser Art ferngehalten. Die Sparkassenstiftungen aber werden von der lokalen und regionalen Politik beschickt. Nun hat die rechte Lega Nord offensiv zur Eroberung aller ihr verfügbaren Bankenmandate aufgerufen. Lega-Politiker befürchteten zuletzt auch, Libyen setze zur Übernahme der Unicredit an. Flavio Tosi, Bürgermeister von Verona und Wortführer der Rechtspopulisten, sagte kalt: „Wer etwas falsch macht, muss dafür bezahlen.“ Es klang so, als habe so mancher auf einen Fehler des großen, unangreifbaren Außenseiters nur gewartet. mit HB

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