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Wirtschaft: Palmen, Pool und Party? Animateure arbeiten härter als viele glauben

Teamfähigkeit, Sportlichkeit, Belastbarkeit – all das sollte man mitbringen, wenn man Touristen unterhalten will. Leicht ist das nicht, aber für viele ist der Saisonjob ein Sprungbrett für eine Karriere im Reisegewerbe

Auf der Bühne ist Jan Wächter in seinem Element. Bei den abendlichen Shows im Insotel Club Punta Prima auf Menorca führt er mit seinen Kollegen Musical-Highlights für die Gäste des Vier-Sterne-Hotels auf. Für Erwachsene und Kinder gibt es außerdem den ganzen Tag über Sport und Unterhaltung. „Für mich waren schon als Kind Animateure die Helden des Urlaubs“, sagt der 21-Jährige Animateur und Teamleiter. Nach dem Abitur bewarb er sich daher bei dem Reiseunternehmen Tui und ist mittlerweile seit einem Jahr selber „Held“.

Der Tag beginnt für Jan Wächter und seine Kollegen um neun Uhr mit einem gemeinsamen Frühstück, gefolgt von einer Teambesprechung. Anschließend betreuen sie ihre Gruppen. Mittags proben die Animateure das Abendprogramm. „Bei uns bekommt man alles beigebracht, auch wenn man noch keine Bühnenerfahrung hat“, sagt er. Die Arbeitstage sind lang: Ins Bett kommt er oft erst nach Mitternacht.

Arbeiten, wo andere Urlaub machen, das ist für viele ein Traum. Als Animateur unterhält man Touristen, gestaltet das Abendprogramm, denkt sich Spiele und Sportevents aus. Die Nachfrage ist groß. „Selbst kleinere Hotels in Deutschland suchen nach qualifiziertem Personal, zum Beispiel für die Kinderbetreuung“, sagt Alexander Hass von der Internetseite www.animateure.de.

Während die Sommersaison bereits in vollem Gange ist, suchen viele Reiseveranstalter bereits Personal für das nächste Jahr. So veranstaltet die Tui wieder ab September eintägige „JobDays“. „Die Bewerber stellen sich kurz vor und präsentieren eine selbst eingeübte Einlage. Das kann ein Gesangsstück, ein Tanz oder ein Sketch sein. Anschließend absolvieren sie verschiedene Gruppenübungen“, sagt Tui-Sprecherin Kathrin Spichala.

Am Ende des „JobDays“ erfährt jeder Bewerber in einem Vier-Augen-Gespräch, ob er zum Seminar eingeladen wird. Wer das Auswahlverfahren bestanden hat, besucht einen einwöchigen Workshop, in dem er in Sport, Aerobic, Moderation, Musik, Tanz, Show und Kinderanimation geschult wird. Im Anschluss folgt das sogenannte „Training on the Job“, mit der Unterstützung von erfahrenen Animateuren in der Urlaubsregion. Die Kosten für die Ausbildung trägt die Tui. Drei Monate dauert ein Einsatz mindestens, in der Regel sind die Animateure von Ende März bis Anfang November am Einsatzort.

Wie die Tui bilden die meisten Reiseanbieter ihre Animateure selbst aus. Es gibt aber auch einen IHK-Zertifikatslehrgang, der mit dem Titel „Tourguide International – Animateur IHK“ abschließt. Heinz-Jürgen Nees von der Euro-TourGuide-Akademie bietet den Lehrgang an verschiedenen Standorten in Deutschland an. Den Auftakt bildet eine Informationsveranstaltung, gefolgt von vier Modulen mit insgesamt 90 Trainingsstunden, zum Teil als Präsenzveranstaltung, zum Teil im E-Learning-Verfahren. Die Teilnehmer lernen Sport, Spiele und Tanz für Kinder wie auch Senioren, außerdem beschäftigen sich mit Eventplanung sowie rechtlichen und administrativen Grundlagen ihrer Tätigkeit. Der Lehrgang schließt mit einer schriftlichen und praktischen Prüfung ab. Kosten inklusive Unterkunft und Verpflegung: 780 Euro plus 150 Euro für das Zertifikat. „Mit dem IHK-Zertifikat hat man bei den Personalern der Tourismusunternehmen sehr gute Chancen auf einen Job“, verspricht Heinz-Jürgen Nees. Sophie Parisot, Recruiterin bei der Feriendorfkette Club Med, sagt: „Dieser Abschluss ist natürlich empfehlenswert, jedoch bevorzugen wir spezifische Kompetenzen, also eine Ausbildung oder berufliche Erfahrung in dem gewünschten Bereich, zum Beispiel in der Hotellerie für Rezeptionisten, Jugendleiter für Kinderbetreuung, Trainer-Lizenz für Sport und so weiter.“

Wer möchte, kann das ganze Jahr über als Animateur arbeiten und den Winter beispielsweise auf den Kanaren oder in einem Skigebiet verbringen. „Die Wünsche nach Zielgebieten sind sehr unterschiedlich, wobei viele Bewerber Sonnenziele bevorzugen“, sagt Kathrin Spichala von der Tui. Neben der Sonne und der lockeren Atmosphäre schätzen viele den abwechslungsreichen Arbeitsalltag und auch die Freundschaften, die unter Kollegen entstehen. „Wir sind wie eine große Familie“, sagt Jan Wächter. Auch die Anerkennung durch die Gäste tue gut, Fanpost sei keine Seltenheit. „Wenn ich auf der Bühne stehe, vergesse ich fast, dass das Arbeit ist“, sagt der Abiturient aus Norddeutschland.

Zu den Herausforderungen seines Jobs gehört das straffe Arbeitspensum: Sechs Tage die Woche ist er im Einsatz. Für Mütter oder Väter, die auch noch Zeit mit ihrer Familie verbringen möchten, eignet sich der Job daher kaum „An meinem freien Tag will ich nur noch schlafen“, sagt Jan Wächter. Wer seine freien Tage im Club verbringt, muss damit rechnen, dass er trotzdem von Gästen angesprochen wird.

Der Verdienst liegt bei der Tui zwischen 600 und 800 Euro netto, je nach Arbeitserfahrung und Position, was in der Branche in etwa als Richtwert für eine angemessene Bezahlung gilt. Die Internetseite www.animateure.de, auf der Job-Angebote und Casting-Termine verschiedener Reiseveranstalter eingestellt sind, bietet eine Checkliste für seriöse Angebote an. Zum Beispiel sollten Hin- und Rückflug sowie Kost und Unterkunft vor Ort vom Arbeitgeber übernommen werden. Für die Schulungen sollten keine Gebühren anfallen. „Bevor wir ein Angebot auf unserer Website einstellen, lassen wir uns die Arbeitsverträge zeigen“, sagt der Gründer der Internetseite, Alexander Hass. Er hat nach einer Ausbildung als Licht- und Tontechniker selbst jahrelang in Hotels von Griechenland bis Mexiko gearbeitet und ist die Karriereleiter vom Animateur über eine Position als Entertainmentchef auf dem Clubschiff Aida bis ins Management eines Reiseveranstalters aufgestiegen. Heute arbeitet er unter anderem als Dozent. Seine Internetseite fungiert auch als soziales Netzwerk. Registrierte Nutzer können sich untereinander über potentielle Arbeitgeber oder Destinationen austauschen und einander Tipps geben.

„Wenn man ein klares Ziel vor Augen hat, kann der Job als Animateur der Start für eine Karriere im Tourismus sein“, sagt Alexander Hass. Zum Beispiel kann man vor Ort Fremdsprachen und gegebenenfalls Reservierungssysteme erlernen und bekommt einen umfangreichen Einblick in den Hotel- und Cluballtag. Auch bei Club Med kann die Arbeit als Animateur der Einstieg in eine erfolgreiche Berufslaufbahn sein: Eric Georges, Geschäftsführer für Deutschland und Zentral-Europa, begann seine Laufbahn als Animateur. Jan Wächter möchte nach seinem Einsatz auf Menorca Tourismusmanagement studieren. Er ist sich sicher: „Meine Erfahrungen so nah am Gast werden mir dabei sicher weiterhelfen.“

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