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Wirtschaft: Parcours mit Paragraphen

Es gibt viele Wege, Steuerberater zu werden. Man kann eine Ausbildung machen, oder studieren – zum Beispiel Jura oder Wirtschaft. Weiterbildungen helfen, das schwierige Examen zu bestehen.

So richtig kann sich Björn Ludwig noch nicht entscheiden. Wenn er wirklich Steuerberater werden will, müsste er noch eine ganze Weile die Schulbank drücken bis zur entscheidenden Prüfung, dem Steuerberaterexamen. Er hat gerade erst ein Jahr seiner Ausbildung zum Steuerfachangestellten hinter sich. Nach dem Abi hat er angefangen, jetzt ist er 20 Jahre alt. Er überlegt: Als Steuerberater hätte er viele verschiedene Möglichkeiten zu arbeiten, selbstständig oder als Angestellter, könnte viel Verantwortung übernehmen und eng mit Kunden zusammen arbeiten. Auf der anderen Seite macht ihm allerdings das Steuerberaterexamen Sorgen. Die Durchfallquote liegt regelmäßig über 50 Prozent. Trotzdem glaubt der 20-Jährige, „mit der richtigen Vorbereitung kann man das sicher schaffen.“

Steuerberater zu werden ist eine Herausforderung. Wer sich dafür entscheidet, braucht einen langen Atem bis zum Examen – das manche in der Branche als eine der schwersten Prüfungen in Deutschland einstufen. Es braucht Biss, den umfangreichen Lernstoff zu bewältigen und Ehrgeiz, sich immer wieder neu in die Theorie hineinzudenken, weil sich die Rechtsprechung ständig verändert. So richtig kommt man oft erst nach verschiedenen Aus- und Weiterbildungsschritten in dem Beruf an. Dafür lohnt die Mühe: Berufsanwärter erarbeiten sich eine nahezu garantierte Jobaussicht, arbeitslose Steuerberater gibt es fast keine. Wer sich nicht selbstständig machen will, kann in der öffentlichen Verwaltung, in Unternehmen, Anwaltskanzleien oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften arbeiten. Wo man am Ende landet, entscheidet sich allerdings häufig bereits mit dem gewählten Ausbildungsweg. In Deutschland gibt es nach Zahlen des Steuerberaterverbandes rund 90 000 Steuerberater. In Berlin sind es etwa 4000. Ihre Aufgabe ist es, Mandanten als Unabhängige in allen steuerrechtlichen und wirtschaftlichen Fragen zu beraten. Dabei geht es beispielsweise darum, Einkommenssteuererklärung zu machen, die Rechnungslegung oder auch um private Vermögensangelegenheiten. „Ziel ist es, dass der Mandant nicht mehr Steuern zahlt, als er gesetzlich wirklich verpflichtet ist“, beschreibt Oliver Trautmann, Steuerberater bei der Großkanzlei Noerr.

Um in dem Beruf arbeiten zu können, ist entweder eine Ausbildung oder ein Hochschulstudium nötig. Der Zugang über die Ausbildung zum Steuerfachangestellten ist allerdings deutlich länger als über den akademischen Weg, kann aber dank verschiedener Lehrmodelle verkürzt werden. Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit, die reguläre Ausbildung über drei Jahre zu machen und nach weiteren zehn Jahren Praxiserfahrung das Steuerberaterexamen zu absolvieren. Wer in der Zwischenzeit noch den Steuerfachwirt einschiebt, kann sich schon nach sieben Jahren zur endgültigen Prüfung anmelden.

Des Weiteren gibt es für Leute, die noch das Abitur nachholen wollen, eine doppelqualifizierende Ausbildung. Hier verlängert sich die Ausbildungszeit entsprechend auf insgesamt vier Jahre. Dritte Variante ist eine Kombination aus Ausbildung und BWL-Bachelorstudium über insgesamt sieben Semester. Dabei stehen die ersten eineinhalb Jahre reine Berufsausbildung auf dem Programm, vom 4. bis 7. Semester geht es an die Hochschule. In Berlin bietet dieses Paket das Oberstufenzentrum Logistik, Touristik, Immobilien, Steuern (OSZ Lotis) und die Beuth Hochschule für Technik an.

Statt Ausbildung erfüllt aber auch ein reines Studium in einem wirtschaftswissenschaftlichen Fach oder Jura die Voraussetzungen für das Steuerberaterexamen. Damit verkürzt sich zudem die Zeit bis zur Prüfung: Nach einer Regelstudienzeit von mindestens vier Jahren, in der Regel also mit Bachelor- und Masterabschluss, reichen zwei Jahre Berufspraxis für die Zulassung. Kann jemand nur einen Bachelor vorweisen, sind es nur noch drei Jahre praktische Erfahrung.

Damit es dann am Ende mit dem Examen klappt, empfiehlt Karin Schopp vom Vorstand der Steuerberaterkammer in Berlin sich mindestens ein Jahr gründlich vorzubereiten. Die besondere Herausforderung bestehe darin, in sehr kurzer Zeit eine Fülle von komplexen Inhalten zu bearbeiten. Über drei Tage müssen die Prüflinge in verschiedenen Klausuren beweisen, was sie gelernt haben. Ebenso wie der Steuerberaterverband Berlin kritisiert Schopp, dass die Prüfungen teilweise mit Inhalten überladen sind. Ein Grund, warum so viele durchfallen. Laut des Berliner Branchenverbands bestehen in Berlin im Schnitt 100 Teilnehmer.

Mit dem anfangs gewählten Weg über Ausbildung oder Studium entscheidet sich häufig, wo ein Steuerberater arbeitet. Einerseits gibt es immer die Möglichkeit, sich mit einem eigenen Büro oder als Gemeinschaft selbstständig zu machen. Da sich der Markt potentieller Kunden aber verkleinert, weil viele kleine Unternehmen schließen oder mit größeren fusionieren, haben es auch selbstständige Steuerberater zunehmend schwerer Mandanten anzuwerben.

Eher bietet sich ein Angestelltenverhältnis an: in der öffentlichen Verwaltung oder einem mittelständischen Unternehmen, vor allem wenn man den Ausbildungsweg hinter sich hat. Oder bei einer Anwaltskanzlei oder großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Hier müssen Bewerber in der Regel allerdings ein Studium nachweisen können.

Die Jobchancen bei den großen Unternehmen wie etwa der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG oder der Großkanzlei Noerr sind gut. „Wir suchen immer nach guten Leuten“, sagt Martin Schmitz, Steuerberater bei KPMG. Gefragt seien neben guten Noten besonders analytische Fähigkeiten und eine starke Persönlichkeit. Zudem gehöre Englisch zur Standardausrüstung. „Wir haben einen starken internationalen Fokus, so dass Steuerberater bei uns häufig Teil eines multinationalen Teams sind.“

Ähnliches gilt bei der Großkanzlei Noerr. Auch hier spielt sich die Arbeit meist länderübergreifend ab. „Man hat mit vielen verschiedenen Unternehmen und Branchen zu tun und kann sich mit eigenen Ideen in die Projektarbeit einbringen“, sagt Oliver Trautmann. Ein besonderer Reiz dabei: Frühzeitig sei man an der Entwicklung eines Unternehmens beteiligt und könne wichtige Entscheidungen maßgeblich mit beeinflussen.

Lara Sogorski

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