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Wird es brenzlig? Manche Mittelständler fürchten bei einem Wahlsieg der SPD, dass sie Vermögensteuer für ihre Betriebe zahlen müssen. Foto: dpa

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Parteien zur Vermögenssteuer: Manager fürchten Wahlsieg der SPD

Die SPD macht sich mit dem Plan, Reiche zur Kasse zu bitten, keine neuen Freunde – da will die Union ihre umso lieber behalten.

Mathis Menzel sieht dem Wahlabend gelassen entgegen. „Jede Regierung weiß, dass sie auf die Mittelständler als Rückgrat der Wirtschaft angewiesen ist”, sagt der Unternehmer aus Berlin-Moabit. Rund 120 Personen arbeiten hierzulande für den Anlagenbauer, dazu gibt es Gesellschaften in England, Frankreich, Italien und Schweden. Menzel ist dieses Wochenende unterwegs in Lateinamerika, um neue Aufträge zu sondieren. „Ein Riesenmarkt für uns.“ Die jüngste Vergangenheit in seiner Firma beschreibt er als eine Achterbahnfahrt. Das vergangene Jahr sei „grandios gut” gelaufen, das erste Halbjahr 2013 „katastrophal schlecht”, die zweite Jahreshälfte lasse schon jetzt erkennen, dass sie „bombastisch gut” werde. „Wir wissen nicht, wie wir die vielen Aufträge überhaupt schaffen sollen.”

Wenn überhaupt, dann verursacht diese Herausforderung Menzel Kopfschmerzen und nicht so sehr die Möglichkeit, dass ein Sozialdemokrat in den kommenden vier Jahren die Regierungsgeschäfte führen könnte. Dabei enthält das Wahlprogramm der SPD durchaus einige Punkte, die Unternehmern nicht schmecken können. Von der Erhöhung des Einkommensteuerspitzensatzes von derzeit 45 Prozent auf 49 Prozent wären nicht nur Privatpersonen, sondern auch Personengesellschaften betroffen.

Größter Streitpunkt unter den beiden großen Parteien ist jedoch die mögliche Wiedereinführung der Vermögensteuer. Und das nicht nur, weil die Unionsparteien sie ablehnen und die Sozialdemokraten sie befürworten, sondern vor allem, weil sie die Mittelständler und damit einen mächtigen Teil der Wählerschaft betreffen würde. „In den meisten Fällen stecken 95 bis 99 Prozent der Vermögen von mittelständischen Unternehmern in ihren Firmen”, sagt der Berliner Unternehmer Menzel. Doch gerade deshalb glaubt er nicht, dass die im SPD-Programm genannten Pläne einen Wahlsieg der Sozialdemokraten überleben würden. „Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache”, ist Menzel klar. „Aber man kann den Mittelstand nicht auspressen – das wissen die großen Parteien.”

Peer Steinbrück beteuert, die Substanz der Firmen werde nicht besteuert

Mit dieser Einschätzung ist er nicht allein. Zwar wollen sich Ökonomen nicht offiziell äußern, um sich nicht auf eine parteipolitische Seite zu schlagen. Hinter vorgehaltener Hand heißt es jedoch, die Steuererhöhungspläne der SPD könnten durchaus als Symbolpolitik verstanden werden. Auf der einen Seite soll die eher linke Klientel gelockt werden. Auf der anderen Seite gebe es durchaus Signale an die Wirtschaft, dass alles nicht so schlimm werde.

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In der Tat bleibt SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vage. Eine Substanzbesteuerung werde es mit ihm nicht geben. Damit hält er sich die Möglichkeit offen, Betriebsvermögen nicht mit der Steuer zu belasten. „Ich will gerne Peer Steinbrücks persönlichen Beteuerungen glauben, dass die Vermögensteuer auch im Falle eines SPD-Wahlsiegs nicht kommt”, sagt Karoline Beck, Geschäftsführerin von Isolier Wendt, einem Mittelständler in Tempelhof. Das Wahlprogramm spreche jedoch eine andere Sprache. „Eine seriöse Politik sieht anders aus.” Als Vizepräsidentin des Verbands der Familienunternehmer spricht sie dabei nicht nur für sich und ihr Unternehmen.

Steinbrück und die SPD stecken damit in einem Dilemma. Wenn Unternehmen von der Vermögensteuer ausgenommen werden, würde sich diese nämlich kaum noch lohnen. Je mehr Ausnahmen, je höher die Freibeträge, desto niedriger die Bemessungsgrundlage. Ende vergangenen Jahres hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ein Szenario für die Wiedereinführung erstellt. Bei einem Steuersatz von einem Prozent für Privatpersonen und Unternehmen – wie im SPD-Programm vorgeschlagen – könnten nach Berechnungen des Instituts bis zu 16,5 Milliarden Euro jährlich in die Staatskasse fließen. Nach üblichen Ausweicheffekten – etwa wenn Teile des Betriebsvermögens ins Ausland verlagert werden – blieben 11,6 Milliarden Euro.

Steuerpflichtig wären neben 143 000 Privatpersonen auch 164 000 Unternehmen. Bleiben die Firmen außen vor, dann bleibt nicht mehr viel übrig. „Betriebsvermögen sind in diesem Zusammenhang der größte Brocken”, sagt Stefan Bach, einer der Autoren der DIW-Studie. „Würden diese Vermögen aus dem Topf herausgenommen, würde das Steueraufkommen auf 20 bis 30 Prozent schmelzen.”

Ökonomen uneins über Folgen der Steuer

Mit mehr rechnet auch das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) nicht. Die Volkswirte dort gehen von größeren Ausweicheffekten aus, wie es sie noch zu Zeiten der 1997 abgeschafften Vermögensteuer gegeben habe. Demnach gingen fast zwölf Milliarden oder 70 Prozent der vom DIW veranschlagten Steuereinnahmen verloren. „Dann würde sich die Vermögensteuer für den Fiskus kaum lohnen – aber den Wirtschaftsstandort Deutschland empfindlich schwächen”, heißt es in einer Analyse des Instituts.

Negative Effekte der Steuer auf die Wirtschaft hält auch das DIW für möglich. Investitionen und Wertschöpfung der Unternehmen könnten sinken. Andererseits jedoch eröffne die Vermögensteuer die Möglichkeit zur Umverteilung, weil durch die Mehreinnahmen „andere Steuern und Abgaben gesenkt, öffentliche Leistungen ausgebaut oder Staatsschulden reduziert” werden könnten.

Sowohl Beck als auch Menzel sehen SPD-Kandidat Steinbrück als Realpolitiker, der in der Vergangenheit bewiesen habe, nicht ideologisch zu handeln. „Mit einer großen Koalition könnten wir mit Blick auf die zurückliegenden Erfahrungen als Unternehmer leben, auch wenn ich die staatsgläubige Haltung der SPD für gefährlich halte”, sagt Beck. Dennoch ist die Präferenz der Mittelständler für den Wahlausgang klar. „Ich sehe mich bei weitem nicht als klassischen CDU-Wähler”, sagt Menzel. „Aber Angela Merkel macht eine ordentliche Arbeit.”

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