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Frau auf Online-Partnersuche

© dpa/ Jens Kalaene

Partnersuche im Netz: Datingportale in der Charmeoffensive

Nur die Liebe zahlt: Wie Online-Partneragenturen sich im Kampf um die Kunden darum bemühen, seriöser zu wirken – und wie Experten die Geschäftspraktiken wirklich einschätzen.

Von Maris Hubschmid

Berlin – Wer das Wort „Singlebörse“ bei Google eingibt, bekommt zur Präzisierung der Abfrage den Begriff „Abzocke“ vorgeschlagen. Martina Bruder, Geschäftsführerin der Kontaktanzeigenseite Lovescout24, sagt es klar und deutlich: „Es hat einen massiven Verlust von Vertrauen in unsere Anbieter gegeben.“ Zusammen mit drei weiteren führenden Unternehmen hat sie deshalb gerade den „Spin-Kodex“ vorgestellt, eine Initiative für faire und transparente Geschäftspraktiken. Spin, das steht kurz für „Seriöse Partnersuche im Netz“ – eine Branche versucht, ihren Ruf zu retten.

Dabei sind die Zahlen nach wie vor bemerkenswert: Mehr als fünf Millionen Deutsche besuchen mindestens einmal im Monat ein Internetportal, um die Liebe zu finden – oder ein erotisches Abenteuer. Das ist immerhin jeder zweite deutsche Single. Aber eben nur jeder zweite: Bei vielen der großen Anbieter stagniert die Mitgliederzahl. Inzwischen gibt es Schätzungen zufolge auch mehr als 1000 Plattformen, die die Kuppelei zur Geschäftsgrundlage gemacht haben. Das Angebot ist so umfangreich wie unübersichtlich. In Internetforen häufen sich die Beschwerden über Abofallen und falsche Kunden-Profile. Mehr als einmal haben Gerichtsverfahren gegen Online-Partnervermittlungen Schlagzeilen gemacht. Das blauschwarze Logo, ein Herz mit Paragraphenzeichen, soll deshalb potentiellen Nutzern bedeuten: Dieser Anbieter ist vertrauenswürdig.

Kein Vertragsschluss bei Klicken auf "weiter"

Der Verhaltenskatalog, den FriendScout24, eDarling, Parship und Neu.de unterzeichnet haben, regelt unter anderem die stille Laufzeitverlängerung. Diese darf maximal der Vertragsdauer entsprechen, die der Kunde ursprünglich akzeptiert hat. Er legt auch fest, dass ein Vertragsabschluss eindeutig als solcher gekennzeichnet werden muss. „Wir tragen die Verantwortung für die Aufklärung unserer Nutzer“, heißt es in Punkt zwei von zehn.

Eine Qualitätsoffensive also? „Eher eine Charmeoffensive“, sagt Henning Wiechers, Chef der unabhängigen Internetseite „singleboersen-vergleich.de“. Zwar haben die vier Initiatoren tatsächlich nachjustiert, um die Anforderungen des gemeinsamen Selbstregulativs zu erfüllen. Wiechers glaubt aber: „In absehbarer Zeit wird all das ohnehin per Gesetz verordnet.“ Der Spin-Kodex greife dem nur vor. Und natürlich gehe es auch darum, „ElitePartner eins auszuwischen“.

Denn das fällt auf: ElitePartner.de, ebenfalls einer der führenden Anbieter in Deutschland mit mehr als 3,5 Millionen registrierten Mitgliedern, ist nicht dabei. Er ist auch nicht gefragt worden. „ElitePartner erfüllt die Bedingungen nicht“, sagt Peter Schmid, Geschäftsführer bei Parship, mit dem der Tagesspiegel kooperiert. Bei der Vorstellung gaben sich die Konkurrenten ansonsten betont freundlich. „Hier geht es nicht darum, gegen jemanden zu sein, sondern darum, Sicherheit für die Nutzer zu schaffen“, sagt Neu.de-Geschäftsführer Joachim Rabe. Die Initiative will für alle Branchenmitglieder offen sein. „ElitePartner ist herzlich eingeladen“, verkündet FriendScout24-Chefin Bruder.

ElitePartner.de: "Allianz ist Schall und Rauch"

Der Wettbewerber konterte in einer Mitteilung: Die neue Allianz sei „nur Schall und Rauch“, die Mitglieder erfüllten verbraucherrelevante Kriterien wie Datenschutz nicht. In der Tat findet sich über den Datenschutz im neuen Kodex nur die knappe Aussage, dass die Unternehmen im Internet darüber informieren müssen, welche Maßnahmen sie diesbezüglich treffen. ElitePartner.de rühmt sich damit, von Stiftung Warentest in punkto Datenschutz als einziger Anbieter für vorbildlich befunden worden zu sein. „ElitePartner ist dafür, was die Kündigungen angeht, sehr störrisch“, sagt Experte Wiechers. Und: „Trotz Widerruf nach vier Tagen hat ElitePartner 99 Euro für eine Persönlichkeitsanalyse einbehalten!“, schreibt ein Nutzer in einem Chat. „Bei uns füllt jeder einen Fragebogen aus“, bestätigt das Unternehmen. „Der wird ausgewertet, und diese Leistung wird dem Nutzer in Rechnung gestellt.“

Mancher Anbieter wirbt mit dem Tüv – doch auch der prüft nicht alles

Wiechers hat selber umfangreiche Tests bei Dating-Portalen durchgeführt. Kritikpunkte sieht er bei allen Anbietern. Im Bericht zum Portal „Flirtcafe“ zum Beispiel wird moniert, dass Kündigungen nur postalisch angenommen werden. In der Verbraucherschutzzentrale Berlin weiß man, dass in solchen Fällen häufig die Briefe angeblich nicht ankommen: „Dann wird weiter Geld vom Konto abgebucht.“ Manche Unternehmen nutzen soziale Netzwerke, um an die Daten potentieller Kunden zu kommen. „Ein falscher Klick, und dein gesamtes Facebook-Adressbuch wird etwa mit Badoo-Einladungen zugespamt“, sagt Wiechers. Ein Plus bekommen bei ihm Anbieter, die sich vom Tüv prüfen lassen. Darauf weist auch ElitePartner.de hin. „ElitePartner setzt auf strengere Bewertungsmaßstäbe unabhängiger Instanzen.“ Dass sich die Spin-Mitglieder als Kontrollorgan den Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) ins Boot geholt haben, ist ElitePartner offenbar nicht unabhängig genug. Dessen Tüv-Siegel prangt prominent auf der Homepage. „Das sehen die Leute gern. Der Tüv prüft aber auch nur Teilprozesse“, sagt Wiechers. Aussagekräftiger seien vielleicht die Ergebnisse der Stiftung Warentest. Testsieger war zuletzt das Unternehmen Parship, in Einzelkategorien lagen aber andere vorn.

Ob Wiechers die Mitgliedschaft im Spin-Kodex als Bewertungskriterium einführen wird, weiß er noch nicht. Er rät: Nutzungsbedingungen gründlich prüfen und Erfahrungsberichte lesen. Verstößt ein Mitglied gegen die selbst auferlegten Regeln, darf der BVDW es langfristig aus dem Verbund ausschließen. An weiteren Negativ-Schlagzeilen ist aber bestimmt keiner in der Branche interessiert.

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