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Wirtschaft: Pauschal ins Bett

Deutsche Patienten bleiben zu lange in der Klinik – doch das soll sich ändern

Für Krankenhäuser lohnt es sich in Zukunft nicht mehr, wenn Patienten lange das Bett hüten. Die Finanzierung der Kliniken wird in Deutschland völlig umgekrempelt. Sie richtet sich dann nicht mehr in erster Linie nach der Dauer der Behandlung. DRG heißt der Fachbegriff, mit dem Krankenhausmanager derzeit zu kämpfen haben. Übersetzt steht die englische Abkürzung für so genannte diagnosebezogene Fallpauschalen.

Bisher rechneten die Kliniken vor allem tageweise ab. Je länger ein Patient im Krankenhaus lag, desto mehr Geld konnte der Krankenkasse in Rechnung gestellt werden. Das führte dazu, dass Patienten auch nach einer einfachen Operation übers Wochenende in der Klinik behalten wurden, obwohl es medizinisch nicht notwendig gewesen wäre. Ein anderer Nebeneffekt: Für die Entfernung eines Blinddarms musste eine Krankenkasse unterschiedliche Preise zahlen – je nach Krankenhaus.

Die bisherige Abrechnung wird nun durch ein neues Preissystem ersetzt – die Fallpauschalen: Je nach Krankheit und Behandlung wird ein fester Preis eingeführt. Die Pauschalen, die mit der Gesundheitsreform festgeschrieben, aber erst Anfang 2005 verbindlich eingeführt wurden, werden jedes Jahr überarbeitet. In diesem Jahr gibt es nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums insgesamt 878 Abrechnungspositionen. Komplett wirksam wird das neue Preissystem aber erst Ende Dezember 2009.

Befürworter hoffen, dass die Kliniken durch die Einführung der Fallpauschalen wirtschaftlicher arbeiten und ihre Arbeit besser organisieren. So könnte möglicherweise auch Geld gespart werden. Der Krankenhaussektor ist eine der größten Branchen im deutschen Gesundheitswesen: Jeder dritte Euro, den die gesetzliche Krankenversicherung ausgibt, fließt an die Kliniken – rund 48 Milliarden Euro.

Im Vergleich zu anderen Ländern bleiben deutsche Patienten für eine Behandlung immer noch relativ lange im Krankenhaus. Im Durchschnitt verlässt ein Patient in Deutschland die Klinik nach neun Tagen. In Australien dagegen – einem Vorreiter für die DRGs – verlassen die Patienten mittlerweile doppelt so schnell wie noch 1990 die Klinik – nach drei Tagen.

Kritiker befürchten dagegen, dass mit dem Trend zu mehr ökonomischer Ausrichtung auch die Qualität der Behandlung leidet. Wenn der wirtschaftliche Druck steige, würden die Patienten nach der Operation noch „blutig“ – also viel zu früh – aus dem Krankenhaus entlassen. Die Experten des Gesundheitsministeriums halten dagegen, dass ein Krankenhaus bei sehr kurzen Aufenthalten mit Abschlägen von der Pauschale rechnen muss. Damit solle dafür gesorgt werden, dass die Patienten auch so lange wie medizinisch notwendig versorgt werden. Ältere Studien der OECD zeigen, dass die Befürchtungen nicht unbedingt Wirklichkeit werden müssen. Danach hat in anderen Ländern die Behandlungsqualität nicht unter der Einführung der neuen Fallpauschalen gelitten.

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