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Wirtschaft: Peters soll IG-Metall-Vorstand getäuscht haben

Zwickel greift seinen Stellvertreter in einer zehnstündigen Krisensitzung massiv an. Entscheidung fällt am 8. Juli

Berlin (alf). Die Zukunft des stellvertretenden IGMetall-Vorsitzenden Jürgen Peters entscheidet sich voraussichtlich erst im Oktober. Er werde sich „vor dem Gewerkschaftstag verantworten“, sagte Peters in der Nacht zu Sonntag auf einer Krisensitzung des IG-Metall-Vorstands in Berlin. Nach knapp zehnstündiger Diskussion über Ursachen und Folgen des verlorenen Arbeitskampfes um die 35-Stunden-Woche vertagte sich der 41 Personen umfassende Vorstand auf den 8. Juli.

IG-Metall-Chef Klaus Zwickel hatte während der Vorstandssitzung Jürgen Peters und dem ostdeutschen Streikführer Hasso Düvel vorgeworfen, den Vorstand der Gewerkschaft getäuscht zu haben. Und zwar, indem die beiden Streikstrategen bewusst die Fernwirkung der Arbeitskampfmaßnahmen in Kauf genommen hatten: Durch den Streik im ZF Getriebewerk in Brandenburg (Havel) wurde BMW nicht mehr mit Schaltgetrieben beliefert; 10000 BMW-Beschäftigte mussten daraufhin in der vergangenen Woche kurzarbeiten. Zwickel zufolge hatte der Gewerkschaftsvorstand aber ausdrücklich diese so genannte Fernwirkung ausgeschlossen. Der Vorstand wäre also hintergangen worden und Peters nicht mehr zu halten.

Die Anhänger von Peters sehen das anders. Vorstandsmitglied Walter Vogt aus Neuwied bei Frankfurt (Main) dementierte sogar, dass es überhaupt einen Täuschungsvorwurf von Zwickel gegeben habe. „Das kann ich nicht bestätigen“, sagte Vogt dem Tagesspiegel. Otto König aus dem nordrhein-westfälischen Gevelsberg sagte auf Anfrage, Zwickel habe seinen Vorwurf „nicht belegt“. König geht nach wie vor davon aus, dass die IG Metall auf ihrem Gewerkschaftstag im Oktober Peters zum ersten und den Stuttgarter Bezirksleiter Berthold Huber zum zweiten Vorsitzenden wählen wird. „Es gibt keine neue Situation nach dieser Nacht“, sagte König. Das Fiasko im Osten müsse „sachlich“ aufgearbeitet werden. „Jemanden in die Wüste schicken, wie in der Politik, ist nicht Sache der IG Metall“, sagte König. Genau so äußerte sich das hessische Vorstandsmitglied Vogt. Bei der Sitzung am 8. Juli gehe es „um tarifpolitische und ausdrücklich nicht um personelle Konsequenzen“. Allerdings sei für ihn „nicht ausgeschlossen“, dass nach der Analyse der Niederlage auch „einzelne Personen“ betroffen sein könnten.

Vogt zufolge hat „Peters die Gabe, die IG Metall zusammenzuführen“, weil er „nicht konfliktorientiert ist“. Auf die Frage, ob sich mit Peters nicht das Blockiererimage der IG Metall verfestige, sagte Vogt, dass auch die Peters-Alternative Huber keinen Imagewandel bewirken könne. „Der wird genauso durch die Presse gejagt, wie das Frank Bsirske passiert ist; erst als Sonnyboy gefeiert und dann als Betonkopf kritisiert.“ Unterdessen nahm der Widerstand gegen Peters zu. Die Gewerkschaftsmitglieder bei Ford in Köln sprachen sich gegen ihn als künftigen Chef aus. „Wir brauchen jemanden, auf den sich die Arbeitnehmerschaft verlassen und der die Gewerkschaft geschlossen führen kann“, sagte Thomas Freels, Vertrauensmann der IG Metall bei Ford, der Deutschen Presseagentur.

Opel-Betriebsratschef Klaus Franz wies den Vorwurf der Mitschuld an der Niederlage zurück. Das sei „Legendenbildung auf dem untersten Niveau“, sagte Franz im Inforadio Berlin-Brandenburg. Franz hatte vergangene Woche die Streikstrategie kritisiert, worauf ihm Streikleiter Hasso Düvel vorgeworfen hatte, die Position der IG Metall „entschieden geschwächt“ zu haben.

Um Peters als künftigen Vorsitzenden zu verhindern, setzen die Reformer in der IG Metall nun auf die Basis. „Vom Volk muss jetzt der Druck ausgehen“, sagte ein Vorstandsmitglied. Erwartet wurden Anti-Peters-Erklärungen von Betriebsräten, Vertrauensleuten und Verwaltungsstellen, also quasi auf allen Ebenen. Der Gesamtbetriebsrat von VW kündigte unterdessen an, für die drei Werke in Sachsen einen Haustarif über die Arbeitszeit anstreben zu wollen.

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