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Schlechter versorgt. Im ländlichen Raum ist die Versorgungsdichte sehr viel geringer als in den Ballungsräumen.

© dpa

Pflegereport 2014: Berlin ist gut versorgt

Die Großstädte und der Osten Deutschlands sind am besten auf die wachsende Pflegebedürftigkeit im Land vorbereitet.

Demenz, Bettlägrigkeit, körperliche Gebrechen: Wer in seinem Leben pflegebedürftig wird, kann sich glücklich schätzen, in einer Großstadt oder in Ostdeutschland zu leben. Das ist eines der Ergebnisse des Pflegereports 2014, den die Krankenkasse Barmer GEK am Dienstag vorgestellt hat. In Deutschlands Metropolen gebe es ebenso wie in den neuen Bundesländern ein großes Angebot an ambulanten Pflegediensten, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kasse, Rolf-Ulrich Schlenker, bei der Vorstellung der Studie. Im ländlichen Raum sei die Versorgungsdichte dagegen sehr viel geringer. Auch bei der stationären Pflegeinfrastruktur gibt es laut Schlenker große regionale Unterschiede: So halten Baden-Württemberg, Bayern und Schleswig-Holstein im Vergleich zu anderen Bundesländern gemessen an ihrer Einwohnerzahl überdurchschnittlich viele Plätze in Pflegeheimen vor.

2,5 Millionen Menschen sind auf Unterstützung im Alltag angewiesen

Vor 20 Jahren wurde die Pflegeversicherung in Deutschland eingeführt – seitdem ist die Zahl der Pflegebedürftigen kontinuierlich gestiegen. Nach den jetzt vorgelegten Zahlen waren im Jahr 2013 rund 2,5 Millionen Menschen in ihrem Alltag auf Unterstützung von Dritten angewiesen, 3,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Und es werden immer mehr – aus demografischen Gründen. Während in Deutschland nur wenige Kinder geboren werden und gleichzeitig der Anteil der Senioren im Land steigt, wächst auch das Risiko, im Alter zu erkranken und auf Hilfe angewiesen zu sein. So könnten bereits 2060 mehr als 4,5 Millionen Menschen in der Bundesrepublik pflegebedürftig sein, warnt die Barmer.

Im bundesweiten Vergleich dürften die meisten Pflegebedürftigen dann in Baden-Württemberg leben, wo derzeit noch überdurchschnittlich viele junge Menschen leben. In 35 Jahren seien sie jedoch alle potenzielle Pflegebedürftige, so Schlenker. „Die Politik muss diese regionalen Verschiebungen bei der Entwicklung von Infrastruktur unbedingt im Auge haben“, forderte der Barmer-Chef.

Der Überschuss in der Rentenkasse wird schwinden

Finanziell steht die Pflegeversicherung auf einem sicheren Fundament - noch. Zwar habe sich im vergangenen Jahr ein Überschuss von rund 630 Millionen Euro ergeben, womit sich die Rücklagen der Versicherung nun auf insgesamt 6,2 Milliarden Euro beliefen. „Die werden aber wegen der Demografie und durch bessere Leistungen schon bald schwinden“, warnte Schlenker. Nach den Zahlen der Krankenkasse müssen Pflegebedürftige schon heute mehr als die Hälfte der Kosten für ihre Versorgung alleine aufbringen. Und das kann - auf mehrere Jahre gerechnet - teuer werden: Laut Barmer verursacht eine Frau in ihrem Leben durchschnittlich 84 000 Euro an Pflegekosten, von denen 45 000 Euro aus eigener Tasche bezahlt werden müssen. Bei Männern wird es nur halb so teuer: Für sie veranschlagt die Krankenkasse Lebenspflegekosten in Höhe von 42 000 Euro, von denen wiederum 21 000 privat geleistet werden müssen.

Der Berufsverband der Pfleger warnt vor dem Fachkräftemangel

Während die Selbstbeteiligung an den Pflegekosten gleichbleibend hoch ist und aller Voraussicht nach weiter steigen wird, sind die Leistungen der Pflegeversicherung im Wert gesunken. „Der Verlust in den vergangenen 15 Jahren liegt bei rund einem Viertel bis einem Fünftel“, sagt der Gesundheitsökonom Heinz Rothgang vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen, der den Barmer-Pflegereport mitverfasst hat. Der jetzige Anstieg der Leistungen um knapp vier Prozent von 2012 bis 2015 sei nur ein Inflationsausgleich. Der Wertverlust werde nicht kompensiert, betonte Rothgang. Auch der geplante Pflegevorsorgefonds ist aus Sicht des Wissenschaftlers ein Fehlkonzept.

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe warnte angesichts des Reports, dass der bestehende Pflegefachpersonalmangel sich noch verschärfe. Das Pflegestärkungsgesetz bleibe in weiten Teilen hinter den Erfordernissen zurück. Der Zuwachs an gering qualifizierten Betreuungskräften führe nicht zur Entlastung der Pflegefachpersonen, sondern belaste durch zusätzliche Aufsichtspflichten.

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