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Wirtschaft: Pflichtpfand für Dosen und Flaschen: Das Dosenpfand stabilisiert schwedische Monopole

Die Struktur des schwedischen Getränkeverpackungsmarktes mag ökologischen Idealvorstellungen nicht entsprechen. Doch die Schweden halten ihr System für gut, das überwiegend auf mit Pfand belegten, recycelbaren Verpackungen basiert.

Die Struktur des schwedischen Getränkeverpackungsmarktes mag ökologischen Idealvorstellungen nicht entsprechen. Doch die Schweden halten ihr System für gut, das überwiegend auf mit Pfand belegten, recycelbaren Verpackungen basiert. Dänemark hingegen praktiziert nach wie vor das Verbot von Getränkedosen.

Das sich seit jeher als Umweltvorbild gebende Schweden führte 1984 als erstes Land ein Dosenpfand ein und erlegte der Getränkeindustrie auf, ein von ihr selbst zu finanzierendes Wiederverwertungssystem mit vorgegebener Rückführquote (anfänglich 75 Prozent) einzuführen. Später wurden auch Plastikein- und mehrwegbehälter (PET) mit Pfand belegt.

Diese Lösung stellte allerdings einen Kompromiss dar, als Antwort auf das Vordringen von Dosen und Kunststoffflaschen zuungunsten der umweltfreundlicheren Glasflaschen. Die Lobbies der Getränke- und der Verpackungsindustrien wollten ein drohendes Verbot der neuen, betriebswirtschaftlich günstigeren Behälter mit der Verpflichtung zum Recycling verhindern - die Politiker hatten trübe Erfahrungen mit einer so gut wie wirkungslosen Steuer auf Einweggebinde gemacht. Das Pfandsystem stabilisiert außerdem die monopolitische Struktur von Industrie und Einzelhandel in Schweden. Die sich im internationalen Vergleich außerordentlich um die Umwelt sorgenden schwedischen Verbraucher fanden ihr Gewissen von dem augenscheinlichen Erfolg des Recycling-Systems beruhigt. Treu und brav tragen sie Dosen und Flaschen zu den Rücknahmeautomaten. Man wirft die Dose in einen Einfüllstutzen, in der Maschine macht es "krasch" und hinten plumpst ein Alu-Plättchen in den Auffangsack. Die Flasche stellt man auf einen rotierenden Teller, der sie in den Sammelbehälter befördert. Der Automat spuckt die Quittung aus, die man beim Einkauf einlösen kann.

Heute beträgt die Pfandgebühr auf Dosen und kleine PET-Flaschen umgerechnet 12 Pfennig und für grosse PET-Flaschen 48 Pfennig. So kann man mit dem Einsammeln der Behälter einiges verdienen, deshalb tragen Schüler wie Obdachlose zur hohen Rückführquote bei. Erstere bessern ihr Taschengeld auf, indem sie das Dosen- und Flaschenaufkommen der Familie einlösen, letztere bestreiten zum Teil ihren Lebensunterhalt mit den Funden in Abfallkörben.

Unter ökologischem Gesichtspunkt ist das schwedische System jedoch nicht ideal. Die Getränke- und Verpackungsindustrie führt den im Vergleich niedrigeren Treibstoffverbrauch und die damit geringere Luftverschmutzung beim Transport der leichteren Dosen und PET-Flaschen als besonders umweltfreundlich ins Feld. Doch dagegen steht der höhere Energieverbrauch bei der Herstellung und Einschmelzung der Dosen und Einwegflaschen. Der Anteil der umweltfreundlichsten Behälter, der Mehrweg-Glasflaschen, war in Schweden bis 1999 auf nur noch 29 Prozent gesunken und ist weiter rückläufig. Laut Berechnungen ist ein Dosen/PET-Flaschen-System aber erst bei einer Rückführquote von 92 Prozent den Glasflaschen in ökologischer Hinsicht gleichwertig. Die von der Regierung forcierten Rückführquoten werden nur zum Teil erreicht.

Ökologisch besser erscheint auf jeden Fall das System in Dänemark, das nach wie vor Dosen verbietet und sich gegen die EU behauptet, die von einem unzulässigen Handelshindernis spricht. Denen, die laut Umfrage für Recycling-Dosen nach schwedischem Vorbild sind, hält Umweltminister Svend Auken entgegen, diese würden die dänische Umwelt mit jährlich 390 000 Tonnen Metallabfälle belasten. Doch wenngleich der dänische Minister hofft, den anhängigen Rechtsstreit vor dem EU-Gerichtshof zu gewinnen, lässt er bereits ein Dosen-System vorbereiten für den Fall, dass das Urteil gegen Dänemark ausfallen sollte.

Jörgen Detlefsen

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