zum Hauptinhalt
Roesler

© ddp

Pharmaindustrie: Kampf den Apotheken

Bundesgesundheitsminister Rösler nimmt sich neben den Pharmaherstellern die Vertriebskette vor. Dabei sollen 400 Millionen Euro rausspringen.

Berlin - Im Kampf gegen ausufernde Arzneimittelausgaben nimmt sich Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auch die Vertriebskette vor. Neben den forschenden Pharmaherstellern sollen Großhandel und Apotheken mit Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe zum geplanten Entlastungspaket für die Krankenkassen beitragen.

Nach Informationen des „Handelsblatts“ aus dem Ministerium beabsichtigt Rösler, die gesetzlich definierten Handelsspannen des Pharmagroßhandels um 400 Millionen Euro im Jahr zu kürzen. Ziel der Operation sei es nicht, die Gewinne des Großhandels zu schmälern – doch solle die Neuregelung die Händler dazu bringen, ihre aus Sicht des Ministers allzu großzügig bemessenen Rabatte an die Apotheken zu kürzen. Auf diese Weise solle das Geld den Beitragszahlern zugute kommen, hieß es im Ministerium.

Gemäß der Arzneimittelpreisverordnung erhält der Großhandel bisher für seine Vertriebsleistung prozentual definierte Zuschläge auf den jeweiligen Abgabepreis des Herstellers. Auf diese Weise nimmt der Großhandel nach Daten des Ministeriums insgesamt 1,2 Milliarden Euro pro Jahr ein. Davon leitet er aber faktisch rund die Hälfte über Rabatte an die Apotheken weiter. Da auch die Endpreise für die meisten Arzneien gesetzlich geregelt sind, kommt den Versicherten davon praktisch nichts zugute.

Konkret plant der Minister, die bisherigen prozentual nach Preis gestaffelten Zuschläge weitgehend durch einen Fixzuschlag abzulösen. Bisher betragen die Großhandelszuschläge sechs bis 15 Prozent, maximal aber 72 Euro pro Packung. Künftig wären es jeweils pauschal 70 Cent plus ein einheitlicher Aufschlag von 1,5 Prozent des Herstellerabgabepreises.

Die neuen Handelsspannen sind laut Ministerium so kalkuliert, dass der Großhandel ohne Ertragseinbußen künftig noch Rabatte von 200 Millionen Euro an die Apotheken überweisen kann. Dieser Spielraum sei nötig, damit der Handel den Apothekern weiterhin sogenannte Funktionsrabatte – etwa als Anreiz für Großbestellungen – gewähren könne, heißt es in einer Arbeitsvorlage des Ministeriums, die dem „Handelsblatt“ vorliegt.

Jüngst hatte Rösler bereits ein Instrumentenpaket vorgelegt, das insbesondere das Preissetzungsmonopol der Hersteller patentgeschützter Arzneien brechen und die gesetzlichen Krankenkassen um bis zu zwei Milliarden Euro jährlich entlasten soll. Die Einsparungen im Vertrieb kämen noch hinzu. Insgesamt gaben die Kassen 2009 gut 32 Milliarden Euro für Arzneimittel aus. Das ist ein Anstieg um mehr als ein Fünftel allein seit 2005.

Mit dem neuen Fixzuschlag erfüllt Rösler eigentlich eine alte Forderung des Großhandels. Die Branche, die jährlich gut 23 Milliarden Euro umsetzt, klagt seit langem über sinkende Margen und macht dafür unter anderem die gesetzlichen Mechanismen verantwortlich. Ein Grund für den Margendruck ist auch, dass große Hersteller speziell teure Arzneien zunehmend vorbei am Großhandel direkt an die Apotheken verkaufen. Rösler ist auf Widerstand gegen sein Sparpaket gefasst. Er werde sich aber weder von der Kritik der Pharmahersteller noch vom Großhandel oder den Apotheken beirren lassen, hieß es. „Wenn man schon in ein Wespennest fasst, dann richtig“, wurde der Minister zitiert. HB

Zur Startseite