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Pharmaskandal: Deutsche Vioxx-Opfer hoffen auf Entschädigung

Nach dem ersten Urteil gegen den US-Pharmakonzern Merck & Co. hoffen auch in Deutschland mögliche Opfer des Arthritis- und Schmerzmedikamentes Vioxx oder deren Hinterbliebene auf eine Entschädigung.

Berlin (20.08.2005, 18:28 Uhr) - «Das Urteil hat auch für alle deutschen Vioxx- Patienten Signalwirkung», sagte der Berliner Rechtsanwalt Andreas Schulz am Samstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Allein Schulz hat bereits knapp 800 Fälle zur Klage vorbereitet. Die ersten Klagen von Deutschen in den USA sollen kommende Woche eingereicht werden.

Im ersten Vioxx-Prozess war Merck & Co. am Freitag zu einer Gesamtstrafe von 253,4 Millionen Dollar (209 Millionen Euro) verurteilt worden. Die Gerichts-Jury in Angleton (Bundesstaat Texas) gab dem Konzern die Mitschuld am Tod eines 59-jährigen Texaners, der 2001 nach achtmonatiger Einnahme des Medikamentes gestorben war. Merck soll Ärzte und Patienten nicht ausreichend über die Gefahren des Medikaments aufgeklärt haben.

Der US-Konzern kündigte gegen das Urteil sofort Berufung an. Mit dem deutschen Merck-Konzern ist Merck & Co. nicht verbunden; die Namensgleichheit hat historische Gründe.

Auf die Entscheidung hatte auch viele mögliche Vioxx-Opfer in Deutschland gewartet. Patientenanwalt Schulz kündigte an, dass bereits kommende Woche mehrere dutzend Klagen aus Deutschland bei US- Gerichten eingereicht würden. Zu den insgesamt 772 Fällen, die Schulz vertritt, gehören auch 81 Fälle, bei denen Vioxx-Patienten an Herzinfarkten oder Schlaganfällen gestorben sind.

«Wir werden zur Not jeden einzelnen Fall in den USA vor Gericht bringen», sagte Schulz. Durch die Entscheidung in Angleton seien aber die Chancen gestiegen, dass sich Merck & Co. auf eine außergerichtliche Einigung mit den Patienten einlasse. In Deutschland wurden bislang zwei Vioxx-Klagen eingereicht, bei Gerichten in Köln und Meiningen in Thüringen. Die Zahl der Vioxx-Fälle in Deutschland insgesamt wird von Experten auf mindestens 7000 geschätzt.

Auch die deutschen Krankenkassen sind längst auf den Vioxx- Skandal aufmerksam geworden. Möglicherweise entstanden ihnen durch Vioxx-Folgeschäden Behandlungskosten in Millionenhöhe. Nach Informationen des Internet-Magazins «Spiegel Online» ergaben interne Studien, dass die Folgekosten pro Vioxx-Fall durchschnittlich 100 000 Euro betragen. Deshalb erwäge mindestens einer der großen deutschen Versicherer, sich den Klagen seiner Kunden anzuschließen. (tso)

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