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Wirtschaft: Piloten bangen um Sicherheit bei Billigfliegern

Europäische Cockpitvereinigung verlangt in Brüssel schärfere Kontrollen von Arbeitszeit und Ausbildung

Berlin (fw). Die Europäische Pilotenvereinigung ECA (European Cockpit Association) befürchtet, dass der Boom der Billigfluggesellschaften Sicherheitsrisiken birgt. „Bei Fluggesellschaften eines neuen Typs, die Basen auch außerhalb ihres Stammlandes haben, müssen wir sicher gehen können, dass ausreichende Kontrolle von den Fluggeräten, der Arbeitsbedingungen der Piloten und der Besatzung sowie deren Ausbildung gewährleistet ist“, sagte Giancarlo Crivellaro, Präsident der ECA, dieser Zeitung. Damit warnt die Vereinigung davor, dass Newcomer im Markt Kontrolllücken nutzen.

Die irische Fluggesellschaft Ryanair zum Beispiel steht unter der Kontrolle der irischen Flugaufsicht Irish Aviation Authority. Ryanair hat aber auch eine Basis in Frankfurt Hahn oder im belgischen Charleroi, mit Flugzeugen, die nicht regelmäßig nach Irland zurückkehren. Der ECA zufolge ist deswegen nicht gewährleistet, dass zureichend kontrolliert wird. Die ECA ist der Dachverband der Pilotenverbände und organisiert traditionell vor allem die ehemaligen Staatsunternehmen, die heute noch von einer einzigen Basis aus operieren.

Die ECA wird der EU-Kommission in Brüssel nach Informationen dieser Zeitung am Mittwoch einen Bericht vorlegen, in dem sie die verbindliche Verordnung von Mindeststandards für alle europäischen Fluggesellschaften fordert, zum Beispiel bei den Flug- und Ruhezeiten von Besatzungsmitgliedern. Nach einer Analyse der Vereinigung fliegen die Piloten der Billigflieger jährlich 25 Prozent mehr als ihre Kollegen bei der Lufthansa, Air France oder British Airways – dabei verdienen sie 25 Prozent weniger.

Verschiedene Zeitungen hatten im Juli dieses Jahres Berichte veröffentlicht, denen zufolge Ryanair-Piloten eine Überprüfung ihrer Arbeitsbedingungen bei der Europäischen Kommission verlangt hatten. Nicht nur das Fluggerät werde bei Billigfliegern so effizient wie möglich genutzt – auch das Personal, sagt Dieter Schneiderbauer, Luftfahrtexperte bei der Unternehmensberatung Mercer in München. Das bedeutet für Piloten, Stewards und Bodenpersonal meist längere Arbeitszeiten – allerdings, ohne dass gegen Gesetze verstoßen wird.

Auch Easyjet folgt diesem Modell: Wenn die derzeit größte Billig-Fluggesellschaft in Europa die Deutsche BA wie geplant übernimmt, will Unternehmenschef Ray Webster dann auch radikal die Kostenstrukturen ändern – und die Arbeitszeiten der Piloten nach oben schrauben, bestätigt Easyjet-Sprecher Toby Nickel. Der Verhandlungsführer der Gewerkschaft Verdi, Steffen Kühhirt, sagt, dass Easyjet im Moment alles daran setze, längere Arbeitszeiten auszuhandeln. „Wir sind nicht gegen Billigflieger, schließlich bringen die viele Jobs. Aber wir müssen darauf achten, dass die Arbeitsbedingungen fair sind und die Sicherheit gewährleistet ist.“ Bei den beiden anderen neuen Billigfliegern, die im Herbst an den Start gehen, Hapag-Lloyd Express und Germanwings, versuche man ebenfalls alles, um Tarifverträge auszuhandeln, sagt Kühhirt. „Die Billigflieger operieren alle am extremen oberen zulässigen Rande der Legalität“, sagt Kühhirt.

Behörden sehen alle Standards erfüllt

Vorwürfe dieser Art sind nicht neu. Zunächst hatten sich die etablierten Fluggesellschaften gegen die neue Konkurrenz gewehrt, in dem sie mehr oder weniger offen die Frage nach der Sicherheit des Fluggeräts gestellt hatten. Da aber fast alle neuen Gesellschaften mit neuen Flugzeugen fliegen, verpuffte dieser Vorwurf schnell. Easyjet-Sprecher Nickel sagt zum Beispiel: „Unsere Flugzeuge sind im Schnitt vier Jahre alt, die Hälfte des Gerätes wurde vor zwei Jahren eingekauft.“ Dass das DBA-Personal bei einer Übernahme länger arbeiten müsse, gefährde keinesfalls die Sicherheit – es erhöhe lediglich die Effizienz, sagt Nickel. „Wenn wir keine guten Arbeitsbedingungen lieferten, hätten wir auch kein Personal.“

Die irische Luftfahrtaufsicht (IAA) sagt auf Anfrage, dass IAA-Inspektoren regelmäßig alle europäischen Ryanair-Basen besuchen und auf den Ryanair-Maschinen mitfliegen, um die Standards zu checken. Außerdem habe die IAA einen sehr guten Kontakt zum Luftfahrtbundesamt sowie den anderen europäischen nationalen Behörden.

Auch das deutsche Luftfahrtbundesamt beteuert, dass das derzeitige Kontrollsystem ausreiche. Cornelia Eichhorn, Sprecherin der Behörde, sagt: „Bei den Billigfliegern gelten genau die gleichen Standards wie bei den anderen Luftfahrtgesellschaften.“ Außerdem sei sichergestellt, dass die irischen Kollegen bei Problemen informiert würden. Eben davon ist ECA-Chef Crivellaro nicht überzeugt. „Wir müssen einfach sicherstellen, dass diese Zusammenarbeit auch gut funktioniert und die transnational operierenden Airlines genauso gut kontrolliert werden wie die anderen.“

Die Europäische Kommission hat zwar schon eine EU-Agentur für die Flugsicherheit gegründet. Allerdings kontrolliere die zunächst die Zulassung der Flugzeuge. Die Arbeitsbedingungen des Personals gehören erst ab 2005 zu den Aufgaben. „Wir müssen schon davor sicher sein, dass die Kontrollen gewährleistet sind“, sagt Crivellaro.

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