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Der Pilotenstreik bei der Lufthansa führt täglich zu hunderten Flugausfällen.

© Peter Kneffel/dpa

Update

Pilotenstreik bei Lufthansa: "Das halten wir noch fünf Jahre durch"

Die Lufthansa-Belegschaft will gegen die streikenden Piloten demonstrieren. Viele Mitarbeiter sehen ihre Jobs in Gefahr. Der Lufthansa-Kapitän rechnet damit, dass der Konflikt noch lange dauert.

Der Lufthansa-Kapitän und frühere Chef der Pilotenvereinigung Cockpit Thomas von Sturm erwartet weitere Streiks seiner Gewerkschaft im Tarifkonflikt mit der Lufthansa. "Wir gehen davon aus, dass die Auseinandersetzung sehr lange dauert", sagte von Sturm der Wochenzeitung "Zeit". "Wir Piloten werden uns niemals freiwillig in dieses Erpressungssystem der ausgelagerten Fluggesellschaften begeben. Das halten wir zur Not noch fünf Jahre durch."

Die Lufthansa habe schon 500 Millionen Euro investiert bei dem Versuch, "unsere Tarifstrukturen aufzusprengen; die wollen so schnell nicht rückwärts. Der Schaden muss vermutlich noch erheblich größer werden", sagte von Sturm. "Wenn wir aber mit den Streiks die Reputation der Airline so nachhaltig beschädigen, dass sie in wirtschaftliche Turbulenzen kommt, wird das Management auf uns zukommen müssen."

Von Sturm war bis 2006 Chef von Cockpit und gab erst im vergangenen Jahr sein Amt als Leiter der Tarifkommission der Piloten bei der Lufthansa ab. Mit der "Zeit" sprach der 56-Jährige in seiner Rolle als Flugkapitän, nicht als Gewerkschaftsfunktionär.

"Unser Vertrauen in die Unternehmensspitze ist unter dem Nullpunkt", sagte von Sturm. "Es ist offensichtlich das Ziel des Lufthansa-Managements, dass keine Tarifverträge mehr existieren." Das Management um Konzernchef Carsten Spohr wolle, "dass wir in Konkurrenz stehen zu den weniger geschützten Piloten der Eurowings. Es will einen Wettlauf nach unten." Angst um den Arbeitsplatz solle die Beschäftigten motivieren, "wie die Hamster im Laufrad zu treten", sagte der langjährige Boeing-747-Kapitän.

Belegschaft plant Demo gegen Streikende

Der Streik der Piloten wird von Teilen der Lufthansa-Belegschaft als zunehmende Bedrohung für das Unternehmen wahrgenommen. „Was immer die Piloten herausholen, muss am Ende des Tages an anderen Stellen im Unternehmen gegenfinanziert werden“, sagte das Mitglied des Lufthansa-Betriebsrates Frankfurt Boden, Ruediger Fell, der Deutschen Presse-Agentur. Zusammen mit weiteren Betriebsratskollegen habe er daher für diesen Mittwoch eine Demonstration gegen die Ziele der streikenden Vereinigung Cockpit (VC) organisiert. Zeitgleich wollen auch die Piloten für ihre Ziele demonstrieren.

„Es herrscht große Angst um die Unternehmenszukunft am Boden, bei der Technik und der Cargo“, sagte das Betriebsratsmitglied, das sich der nicht-gewerkschaftlichen „Vereinigung Boden“ zugehörig fühlt. Die Piloten nähmen mit ihren fortgesetzten Streiks die Lufthansa- Mitarbeiter ebenso in Geiselhaft wie die Passagiere. Bei Lufthansa gebe es eine schweigende Mehrheit, die von den Streiks die Nase voll hätten.

Ausdrücklich bestätigte Fell, dass die Vertreter der Gewerkschaft Verdi nicht für die Demonstration gestimmt haben. Offenbar gebe es eine „gewisse Beißhemmung“ der Gewerkschaften untereinander. Der Betriebsrat Boden vertritt die Interessen von rund 6000 Beschäftigten. In ihm arbeiten neben Verdi etliche kleinere Gruppen. Verdi und auch die Kabinengewerkschaft Ufo hatten sich klar von dem Aufruf distanziert.

Auch ihm und seinen Mitstreitern liege es aber fern, über die VC und die Piloten ein „Scherbengericht“ abzuhalten, sagte Fell. „Aber die Piloten müssen uns und unsere Sorgen endlich wahrnehmen. Was sie als Erhöhung fordern, haben viele Kollegen an der Station Frankfurt als volles Gehalt.“ Die Piloten sollten in die Schlichtung einwilligen und darauf verzichten, ihre Interessen ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen.

Der Streik führt auch am Mittwoch zu Ausfällen im großen Stil. „Von den 890 gestrichenen Flügen sind rund 98.000 Passagiere betroffen“, sagte ein Sprecher des Unternehmens am frühen Morgen. Ein Sonderflugplan solle die Folgen des Arbeitskampfs bei Deutschlands größter Fluggesellschaft mildern. Die Flieger der Töchter Eurowings und Germanwings heben wie geplant ab. Weitere Streiks seien mit einem Vorlauf von 24 Stunden jederzeit möglich, warnte ein Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC).

Der Dauerkonflikt dreht sich vor allem ums Geld. Lufthansa und Cockpit streiten schon seit Jahren um die Gehälter von rund 5400 Piloten der Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings. (dpa)

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